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Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische ,
19.03.2004 :
Fehde: Antifa gegen Staatsschutz / Polizei will Fingerabdrücke und Fotos
Von Conrad Schormann
Bielefeld/Vlotho. Beide machen Neonazis das Leben schwer, einander machen sie sich das Leben nicht leichter. Die Antifa-West, eine Initiative gegen Rechtsextremismus, und der Staatsschutz, die Polizeiabteilung gegen Extremismus, beharken sich. Für seine Kartei will der Staatsschutz 28 Antifa-Leute fotografieren lassen und Fingerabdrücke nehmen. Die Betroffenen finden, sie werden wie Verbrecher behandelt, wehren sich – und haben die erste Runde vor Gericht gewonnen.
Die Fehde entzündete sich an einem Protest von gut 30 Mitgliedern und Unterstützern der Antifa-West am 17. Oktober 2003 in Vlotho. Im Collegium Humanum traf sich eine Gruppe vermeintlich Rechtsextremer um NPD-Anwalt Horst Mahler. Draußen blockierten 35 bis 40 Demonstranten die Straße, eine nicht angemeldete Demonstration. Die Blockaden waren "symbolisch", meldet die Antifa. Die Besatzungen von zwei Streifenwagen sahen das anders und forderten die Polizei-Bezirksreserve an.
Als die Demonstration sich auflöste, kam die Polizei-Verstärkung. Die Beamten nahmen die Personalien der Blockierer auf. Die Behörde leitete Verfahren wegen Nötigung ein. "Ein klarer Fall", sagt Dirk Butenuth, Chef des Staatsschutzes. Die Straße sei blockiert gewesen, Anreisende hätten sich beschwert. "Wir müssen Verfahren einleiten." Butenuth versteht nicht, warum die Antifa demonstriert, ohne die Demo anzumelden. Bei einem Gespräch vorab hätten – wie bei anderen Demos – Probleme ausgeräumt werden können. "Die Antifa engagiert sich für eine gute Sache, wir würden gerne kooperieren. Aber da stoßen wir auf eine Barriere, und mit so etwas bringen die uns in die Bredouille."
28 Demonstranten bekamen unlängst Post. Sie würden nun im Eilverfahren erkennungsdienstlich behandelt, "um die Aufklärung künftiger Straftaten zu ermöglichen". Das klingt hart, ist laut Butenuth aber berechtigt. Bis auf einen Fall am "Postmeister" sei von der Antifa-West keine Gewalt bekannt, aber Strafbares geschehe bei Demonstrationen schon. Darum "wollen wir die Leute kennen".
Fingerabdrücke und Fotos im Eilverfahren bekommt die Polizei nicht. Rechtsanwalt Werner Robbers vertritt die Demonstranten: "So sehr kann es nicht geeilt haben, das ganze war ja im Oktober." Außerdem sei die Polizei die Sache unverhältnismäßig angegangen. Das Verwaltungsgericht Minden wies den Eilantrag jetzt ab. Der Staatsschutz hat nun auf dem weniger eiligen Dienstweg die 28 Kandidaten vorgeladen. Robbers ist per Widerspruch reingegrätscht. Die Fehde geht weiter.
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de
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