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Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische ,
17.03.2004 :
Geldstrafe für Angriff auf farbigen Jungen / Leitfigur der rechtsradikalen Szene Ostwestfalens zum ersten Mal verurteilt
Bielefeld (joh). Der Bielefelder Bernd Stehmann (38), nach Einschätzung des Staatsschutzes Leitfigur der rechtsradikalen Szene in Bielefeld und der Region, ist gestern zum ersten Mal von einem Strafgericht verurteilt worden. Das Amtsgericht verhängte gegen ihn eine Geldstrafe von 1.050 Euro (30 Tagessätze) wegen vorsätzlicher Körperverletzung.
In der Vergangenheit hatte es bereits mehrere Ermittlungsverfahren der Bielefelder Staatsanwaltschaft, unter anderem wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, gegen Stehmann gegeben, die er alle unbeschadet überstand.
Der Vorfall, um den es jetzt ging, ereignete sich während des Leinewebermarkts am 25. Mai 2003 kurz nach Mitternacht direkt vor der Stadtwache am Niederwall. Etwa eine halbe Stunde zuvor hatte es an einem Fahrgeschäft auf dem Rathausvorplatz zwischen rivalisierenden Gruppen Jugendlicher eine Messerstecherei gegeben. Die Stimmung war daher bereits aufgeheizt, als nun auch noch eine Gruppe Rechtsradikaler, darunter der Angeklagte, auftauchte.
Stehmann und sein Gefolge wandten sich einer kleinen Gruppe Jugendlicher ausländischer Herkunft zu, Beleidigungen wie "Scheiß-Ausländer" sollen gefallen sein. Es folgte eine Rangelei, in deren Verlauf der Angeklagte einem 17-jährigen farbigen Schüler, der sich schützend vor einen Freund stellte, Faustschläge und Fußtritte versetzte. Auch Stehmann erlitt bei der Auseinandersetzung Blessuren.
Die Endphase dieses Geschehens spielte sich vor den Augen der Polizeibeamten Manfred S. und Karl-Heinz Sch. ab, die daraufhin die Stadtwache verließen und einschritten. Beide bekundeten übereinstimmend, dass sich der 17-Jährige auf dem Rückzug befunden habe, von Stehmann verfolgt und mit Tritten traktiert worden sei. Die Aussagen der übrigen Zeugen waren widersprüchlich.
Der Angeklagte selbst behauptete, der Schüler habe ihn zuerst angegriffen. Wer die Feindseligkeiten eröffnete, habe sich nicht mehr feststellen lassen, meinte die Richterin in der Urteilsbegründung. Sie sei daher nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" von einer Notwehrsituation Stehmanns ausgegangen.
Diese Notwehr habe der Angeklagte jedoch in dem Moment überschritten, als er den Zurückweichenden verfolgte und weiter misshandelte. Insofern habe hier ein Fall von "Notwehrexzess" vorgelegen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Stehmanns Verteidiger will dagegen Berufung einlegen.
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de
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