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Neue Westfälische , 13.03.2004 :

Smyrek und die Staatschützer / Hisbollah-Kämpfer darf nicht in den Libanon ausreisen

Von Hubertus Gärtner

Detmold/Bielefeld. Die Abteilung des Bielefelder Staatsschutzes besteht aus etwa 20 Beamten. Sie haben alle den politischen Extremismus zu bekämpfen. Dabei observieren diese Experten meistens gut getarnt und im Verborgenen. Seit einigen Wochen ist der Bielefelder Staatsschutz allerdings blockiert.

Zusammen mit anderen Spezialeinheiten muss er sich auf Geheiß der Bundesregierung Tag und Nacht nur noch um einen einzigen, vermeintlich hochgefährlichen Mann kümmern. Der heißt Steven Smyrek (33) und ist Kämpfer der schiitischen Hisbollah-Miliz.

Smyrek ist in Detmold geboren und aufgewachsen, später lebte er in Braunschweig und im Nahen Osten. In Israel wurde er zu zehn Jahren Haft verurteilt. Er hatte 1997 zugegeben, für die libanesische Hisbollah ("Partei Gottes") Anschlagsziele in Tel Aviv ausgekundschaftet zu haben. Nach sechs Jahren verbüßter Strafe kam Smyrek nun wieder nach Deutschland. Anlass war, wie berichtet, ein spektakulärer Gefangenenaustausch, der unter deutscher Vermittlung zustande gekommen war.

Symrek ist ganz offenbar nicht geläutert und verfolgt weiter terroristische Ziele. Direkt nach seiner Freilassung hatte ersich wieder um eine Ausreise in den Libanon bemüht. Vergebens. Auf Anweisung des Bundesinnenministeriums wird dem Terror-Freund in Deutschland die Ausstellung eines Reisepasses verweigert. Damit soll Smyrek offenbar auf Dauer hier zu Lande festgesetzt bleiben. Der Deal scheint auf höchster Ebene zwischen Deutschland und Israel ausgehandelt worden zu sein – obwohl ihn niemand offiziell bestätigt.

Überhaupt herrscht in dem Fall die totale Nachrichtensperre. Weder die Polizei in Detmold oder Bielefeld noch das Landeskriminalamt in Düsseldorf dürfen Auskunft geben. Man habe ein Auge auf Smyrek, heißt es lapidar im NRW-Innenministerium. Das ist stark untertrieben. Wie diese Zeitung aus sicheren Quellen erfuhr, lassen die Sicherheitsbehörden Smyrek keine Sekunde aus dem Blick.

Drei Objekte in Lage, Detmold und Horn-Bad Meinberg sind besonders im Visier. Hier wohnen Verwandte Smyreks, bei denen er zeitweilig Unterkunft gefunden hat. Wie aus Staatsschutz-Kreisen zu erfahren ist, soll der Hisbollah-Mann bei seinen Verwandten in Lippe aber nicht sehr willkommen sein.

Die abstrusen Terror-Ideen des Konvertiten stießen dort auf völliges Unverständnis, heißt es. Smyrek habe in Lippe auch keine anderweitigen sozialen Kontakte, so dass er hier völlig isoliert und "fehl am Platze" sei. Die Sicherheitsexperten fragen sich, wie das alles auf Dauer überhaupt gut gehen kann. Auch bei ihnen kommt allmählich Frust auf. Sie fragen sich, ob diese außergewöhnliche "Beschattung" vielleicht ein ganzes Leben lang laufen soll.

In Polizeikreisen wird geschätzt, dass die Überwachung Smyreks, an der nicht nur Staatsschützer sondern auch SEK- und MEK-Beamte beteiligt sein sollen, pro Tag mindestens 5.000 Euro kostet. Aus Sicht der Spezialeinheiten wird die Angelegenheit zunehmend "zur Farce". "Unsere Leute sind faktisch enttarnt. Die hängen da Tag und Nacht in den Dörfern rum und können gar nichts machen", sagt ein Beamter, der nicht genannt werden will.

Durch eine totale Nachrichtensperre wird versucht, den genauen Aufenthaltsort Smyreks derzeit noch geheim zu halten. In der lippischen Provinz dürfte das aber auf Dauer kaum möglich sein. Auch die Staatsschützer wissen, dass sich Smyrek derzeit frei bewegen kann. Es wäre für sie der Supergau, wenn eine Medienmeute ihn ausfindig macht und womöglich kollektiv zum Interview bittet. Deshalb, so ist aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren, wird auf höchster Ebene an einer "alternativen Lösung" gearbeitet. Wie die aussehen soll, will aber noch niemand sagen.

13./14.03.2004
redaktion@neue-westfaelische.de

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