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Die Glocke , 10.03.2004 :

Kreta-Roman vorgestellt / Modick erzählt poetisch von komplexer Geschichte

Harsewinkel (men). Seine poetische Sprache und die philosophischen Gedanken im vorgetragenen Text hätten sie schon vor einem guten Jahr in Gütersloh fasziniert. Deshalb habe sie den Oldenburger Autor Klaus Modick für eine Lesung in der Harsewinkeler Bücherei verpflichtet, sagte Leiterin Barbara Petschik am Montag zur Begrüßung der 20 Zuhörer.

In Gütersloh hatte der 52-jährige Schriftsteller das Buch "September Song" vorgestellt, in Harsewinkel stand sein neuer Roman "Der kretische Gast" im Mittelpunkt. "Das Buch ist nicht nur dick, sondern auch sehr komplex. Von den beiden Ebenen auf denen es spielt, stelle ich Ihnen heute nur den Hauptaspekt vor", schickte Modick voran. Kreta in der Besatzungszeit zwischen 1943 und 1945 ist Ort der Handlung.

Der deutsche Archäologe Johann Martens soll auf der von den Deutschen besetzten Insel prüfen, welche Kunstgegenstände sich als Raubgut für Hitlers geplantes germanisches Museum eignen. Geführt von dem etwa 50-jährigen Kreter Andreas Siderias erkundet er per Motorrad, Esel, Maultier und zu Fuß die Insel. Mehr und mehr wird Martens von der griechischen Lebenskunst und vor allem von Andreas Tochter Eleni angezogen. Immer tiefer verstrickt er sich in die Wirren des Partisanenkriegs. Schließlich verrät er den Plan, ein Dorf niederzubrennen, an die griechische Widerstandsbewegung Andartiko, fliegt auf und wird, als er vors Kriegsgericht gebracht werden soll, von den Partisanen befreit und an die Südküste gebracht.

Kreta-Fan Klaus Modick, der in jungen Jahren als Rucksack-Tourist des öfteren auf der Insel war, hat lange nach dem "passenden Stoff" für einen Kreta-Roman gesucht und ihn in dem "historischen Skandal" gefunden, dass nach der Kapitulation der Deutschen unter britischer Führung gegen das kommunistische Andartiko zu Felde gezogen wurde. Die anderen Fraktionen der Widerstandsbewegung wurden nicht angegriffen. "Seitdem habe ich systematisch recherchiert und kaum deutsche Quellen gefunden, während es in England zahlreiche Untersuchungen gibt", sagte Modick.

Sprachmächtig nutzt er die Genre- und Klischeebilder des Paradieses, um immer wieder den Schrecken in sie einbrechen zu lassen. Auch für den Autor überraschend war, dass es sofort nach Erscheinen des Romans mehrere Rezensionen in griechischen Zeitungen gab. Inzwischen wird "Der kretische Gast" ins Griechische übersetzt und soll demnächst auch dort erscheinen.


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