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Grafschafter Nachrichten , 01.03.2004 :

Osnabrück zeigt NPD die kalte Schulter / Demonstration / 200 Randalierer bewerfen Polizeiaufgebot mit Steinen und Flaschen / 87 Festnahmen

Das bisher größte Polizeiaufgebot ihrer jüngeren Geschichte hat am Sonnabend die "Friedensstadt" Osnabrück erlebt. Rund 3.000 Beamte sicherten Demonstrationen der rechtsextremen NPD und Gegenveranstaltungen eines von bürgerlichen und politisch links orientierten Gruppierungen getragenen "Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Antisemitismus". Gewalttätig wurden rund 200 zumeist jugendliche Randalierer aus der so genannten "autonomen" Ecke.

Osnabrück - Sehr still wird es am Sonnabendvormittag in der Osnabrücker Innenstadt. Wo sonst Autos Stoßstange an Stoßstange über die Straßen rauschen und Tausende Osnabrücker ihre Einkäufe erledigen, beherrscht mit einem Mal die Polizei das Straßenbild. Dutzende Mannschaftswagen, Streifenwagen und mobile Einsatzleitstellen, dazu Reiter- und Hundestaffeln und Tausende helm- und schlagstockbewehrte "Grüne" gehen in Position, Straßenkreuzungen und Passagen werden konsequent mit Fahrzeugen und in mehreren Reihen aufgestellten Beamten blockiert. Ihr Ziel: Die Sicherung von zwei Demonstrationszügen, die sich auf den Straßen nahe der Fußgängerzone entlang bewegen. Ein seit Monaten angemeldeter Aufmarsch der rechtsextremen NPD hat ein von rund 80 Gruppierungen - unter ihnen Parteien, Gewerkschaften und kirchliche Gruppe - getragenes Aktionsbündnis auf den Plan gerufen. Rund 3000 Menschen setzen sich am Sonnabendvormittag in Bewegung, um friedlich gegen Ausländerfeindlichkeit Ausgrenzung und Rassismus zu demonstrieren. Ihr Ziel ist der Ledenhof, wo sich verschiedene Redner noch einmal gegen den Zug der NPD in Osnabrück wenden. Unter den Demonstranten ist auch der Osnabrücker Oberbürgermeister Hans-Jürgen Fip. Etwa 200, zumeist jugendliche Demonstranten interessieren sich nicht für die Redner. Sie schwenken umgehend Richtung erste Polizeisperre. Sie wollen in jenen Bereich durchbrechen, der für die Demonstration der NPD "reserviert" ist. Es kommt zu ersten Rangeleien. Zuerst fliegen Schneebälle, später Pflastersteine und frisch geleerte Bierflaschen gegen die Polizisten. Als der NPD-Zug mit rund 200 zumeist jugendlichen oder jungen Teilnehmern - gleitet von Dutzenden Polizisten - auftaucht, gibt es Pfeifkonzerte und lautstarke Sprechchöre. Die Rechtsextremen brüllen ihre Parolen über einen Lautsprecherwagen zurück. Aber die Kontrahenten kommen sich für Handgreiflichkeiten nicht nahe genug. Konsequent hält die Polizei sie auf Distanz. Weitere Steine und Flaschen fliegen den Beamten entgegen. Drei Polizisten werden leicht verletzt. Dafür greifen sich immer wieder "Stoßtrupps" der Polizei die mutmaßlichen Täter aus der Demonstrantenmenge heraus. Am späten Nachmittag zieht die Polizei eine erfolgreiche Bilanz des Großeinsatzes: Die Taktik der strikten Trennung der so unterschiedlichen Demonstranten-Gruppen hat sich augenscheinlich bewährt. 87 Randalierer werden vorübergehend festgenommen, gegen 62 Personen werden strafrechtliche Ermittlungen wegen Körperverletzung, Landfriedensbruch, Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, Beleidigung und Sachbeschädigung eingeleitet. Gegen Abend ist das Polizeiaufgebot, das aus ganz Niedersachsen, aus Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg zusammengezogen wurde, wieder aus der Hasestadt verschwunden. Die Osnabrücker Bürger können wieder ihre gewohnten Wege gehen. Ihnen und den friedlichen Gegendemonstranten zollt der Osnabrücker Polizeichef Rolf Sprinkmann "ein großes Kompliment". Sie hätten dem "NPD-Aufzug die kalte Schulter gezeigt."


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