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Lotta - Antifaschischiste Zeitung aus NRW , 07.02.2004 :

Das Platten-Label "Christhunt" / Zwischen antichristlicher Jugendkultur und neonazistischem Underground

Von Johannnes Lohmann

In Leopoldshöhe, einem kleinen Ort bei Bielefeld, hat das PlattenLabel "Christhunt" mit angegliedertem gleichnamigen Vertrieb seinen Sitz. Bei dem Unternehmen von Marco Martin handelt es sich um einen der wichtigsten Produzenten und Verkäufer extrem rechter Black-Metal-Musik.

Der Name des Labels und Versandhandels "Christhunt" ("Christenjagd") rekurriert auf die für die Szene konstitutive antichristliche Ausrichtung. Im Kontext allgemeiner Vernichtungsvorstellungen wird im Black Metal der "Krieg gegen das Christentum" propagiert, das als eine Religion der Schwäche gilt. Dabei geht es oftmals nicht nur um die Pose einer radikalen Ablehnung einer als verlogen empfundenen christlichen Moral, sondern gleichermaßen um die Agitation gegen die Wurzeln des Christentums: das Judentum. Antisemitische Verschwörungstheorien, nach denen die Juden mittels der Religion die Welt versklaven wollten, sind in dem Teil der Szene, der sich dem so genannten NS-Black-Metal verschrieben hat, üblich. Hierfür steht z.B. auch die CD "Planet ZOG - The End", ein Produkt der französischen NS-Black-Metal-Band "Ad Hominem", die von "Christhunt" vertrieben wird. Auch andere Gruppen im Programm der 1999 gegründeten Firma machen aus ihrer Gesinnung keinen Hehl. Griechische Bands wie "Wolfnacht" oder US-amerikanische wie "Pantheon" bilden auf den Booklets ihrer Produkte Hakenkreuze, SA-Männer oder Hitler-Konterfeis ab.

Anfangs versuchte "Christhunt" noch, offen neonazistische Propaganda oberflächlich zu kaschieren. So wurde beispielsweise die über das polnische NS-Label "Wolftower Records" produzierte bekannte deutsche NS-Black-Metal-Band "Absurd" im Versandkatalog von "Christhunt" als "Drusba" angeboten. Solche Versteckspielchen gibt es inzwischen nicht mehr. Das hängt auch zusammen mit der Veröffentlichungspolitik des Labels, das bislang knapp 40 Black-Metal-Alben herausgegeben hat. Wurden in den Anfangsjahren vor allem Bands produziert, die wie "Vilkates" zwar stark rechtslastig sind, sich jedoch als "unpolitisch" definieren, positionierte sich Martin mit Vinyl-Versionen der Alben deutscher 'Größen' des NS-Black-Metals wie "Magog" und "Totenburg" ganz eindeutig auf der extrem rechten Seite. "Wir marschieren in eine neue Zeit, die von Juden und Christen uns befreit", heißt es auf gleichnamiger LP der sächsischen "Magog", 2002 bei "Christhunt" erschienen. Die Auflage von 500 Stück war schon nach wenigen Wochen ausverkauft. Und auch andere Produkte wie die CD "Strength And Wisdom" der Band "Sadorass", die vom "völkischen Satanisten" Sven Goldberg initiiert wurde, erfreuen sich großer Beliebtheit. Eigenangaben des Unternehmens zufolge wird die Bestellliste angeführt von "Absurd", gefolgt von "Magog", "Totenburg" und "Camulos". Die über "Christhunt" veröffentlichte CD "Der Untermensch" von "Camulos" steht seit Ende November 2003 auf dem Index.

Für einen ausgewählten Kreis hielt Martin darüber hinaus immer eine bestimmte Anzahl an klassischen RechtsRock-Alben bereit. Auch die neonazistische Postille "Der Förderturm" aus dem westlichen Ruhrgebiet ist hier zu beziehen. In dem Magazin "Unsere Welt" aus Bielefeld durfte Martin unter dem Pseudonym "Wickie" auch schon einmal selbst etwas schreiben.

Dennoch führt sein Versand nicht nur extrem rechte Produkte. Der größte Teil des breiten Angebots, das aus über 400 CDs und fast ebenso vielen LPs, EPs und Demos besteht, ist - wie beispielsweise die Band "Old Man's Child" - dem 'normalen Black Metal zuzordnen. So bedient "Christhunt" auch etliche nicht-rechte Kunden und erfüllt eine Scharnierfunktion zwischen 'unpolitischer' und extrem rechter Black-Metal-Szene. Vereinzelte Kritik, wie sie von dem größten deutschen Black-Metal-Magazin "Legacy" kam, tun dem Erfolg des Labels keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil, es expandiert: Immer wieder werden neue Bands unter Vertrag genommen. Positive Rezensionen und Interviews mit bei "Christhunt" unter Vertrag stehenden Bands in Magazinen, wie das an jedem Bahnhofskiosk erhältliche "Ablaze", kommen dem Label dabei zugute. Man bedankt sich mit ganzseitigen Anzeigen.

Die Diskussionsforen auf der Hompage von "Christhunt" erfreuen sich großer Beliebtheit. Hier wird über die unterschiedlichsten Themen rund um die Musik diskutiert, angefangen von Black-Metal-Konzerten bis hin zum Prozess gegen die Band "Landser". Die meisten Postings stammen von Neonazis, die sich hier wohl zu fühlen scheinen. So wohl, das seitens der Moderation auch schon mal eingeschritten werden muss, um Strafverfahren zu vermeiden.


lotta@koma.free.de

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