Gütersloher Zeitung / Neue Westfälische ,
07.06.2007 :
Direkt und effektiv / GSG-9-Lehrer Sali Avci besucht die Dalkestadt und stellt Kampfkunst vor
Von Christian Bröder
Gütersloh. Vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm sorgten Chaoten für blutige Krawalle, warfen Steine auf Polizisten und verletzten hunderte Beamte. Zuletzt forderten Politiker gar den Einsatz der GSG 9. Salih Avci, Ausbilder bei der Anti-Terror-Einheit, war jetzt zu Gast in Gütersloh. Der 45-Jährige trainierte unter anderem mit heimischen Ordnungshütern.
"Es ist erschütternd, mit welcher Brutalität die Chaoten von Rostock vorgehen und willkürlich den Tod von Polizeibeamten in Kauf nehmen", zeigte sich Avci beim Besuch der WTEO-Kampfkunstschule an der Carl-Miele-Straße von den scheußlichen Bildern bestürzt. Ihm liegt viel an der Sicherheit von Polizisten im Einsatz und professionellem Eingreifen. Seit 1992 bildet Avci die Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei in Nordrhein-Westfalen in Techniken des von ihm kreierten Avci Wing Tsun aus, zusätzlich die Elite-Einheit GSG 9, Spezialkräfte des Zolls und des Bundeskriminalamtes. "WingTsun" heißt übersetzt schöner Frühling, für die Täter wird es jedoch schnell zum bitteren Herbst. "Meine Kampfart ist ein weitgehend waffenloser und auf die Selbstverteidigung optimierter Kung-Fu-Stil – direkt, effektiv und funktionell. Es basiert nicht auf Kraft, Schwächere können stärkere Angreifer bekämpfen", erklärt der so genannte Sifu, was unter seinen Schützlingen soviel wie Vaterlehrer bedeutet.
Die Polizei in NRW vertraut auf die Eingriffs- und Selbstverteidigungstechniken Avcis. Im Juli 2002 hatte das Innenministerium sogar per Erlass beschlossen, Techniken aus dem Avic Wing Tsun flächendeckend in der Schutzpolizei – das sind etwa 35.000 Beamte – einzuführen. Auch bei den Gütersloher Polizisten hat sich die Kampfkunst im Einsatzalltag wohl bewährt. "Durch das Training haben die Beamten die Möglichkeit, gegenüber dem Täter mildeste Mittel anzuwenden und gleichzeitig für ihre Sicherheit zu sorgen. Es ist wenig spektakulär und es gibt wesentlich geringere Verletzungsraten", erklärt Kampfkunstlehrer und Sifu Thomas Reuter (36), der beim SEK angestellt ist. Weil mittlerweile viele Polizisten die Kampfkunst ausüben, sei die Eingriffsarbeit professioneller geworden. Das kollektive Zusammenspiel funktioniere besser. In der Dienstzeit wird trainiert, zudem soll die WTEO-Kampfkunstschule demnächst zur Trainingsstätte für Polizisten werden.
Für Weltenbummler Sali Avci, der auch bei der Fußball-WM 2006 und beim Papstbesuch für Sicherheit sorgte und vor seinem Abstecher nach Gütersloh im Sudan unterrichtete, geht die Reise indes weiter. Vom 14. bis 16. Juni läuft in Istanbul die Konferenz für globale Demokratie und Sicherheit. Hier stellt er sein System Vertretern von 83 Nationen vor.
Bildunterschrift: Kampfkunst: Beim Besuch von GSG-9-Ausbilder Salih Avci (r.) demonstrieren Frederic Leicht (4. v. l.) und Polizistin Susanne Tabeling das Gelernte. Mit dabei waren zudem (v. l.) Thomas Reuter, Andreas Lotz, Michael Aman, Frank Roga und Lorenz Lang.
07./08.06.2007
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