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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 23.05.2007 :

Ein Leben für die jüdischen Mitbürger / Margit Naarmann mit dem Niels-Stensen-Preis vom Lions Club ausgezeichnet

Von Regina Türk

Paderborn. Zum vierten Mal hat der Lions-Club Paderborn den Niels-Stensen-Preis verliehen. Preisträgerin ist Dr. Margit Naarmann, die die Auszeichnung am Montagabend von Lions-Club-Präsidenten Gunnar Grahl entgegennahm.

Seit 1994 würdige der Lions-Club Persönlichkeiten, die sich in Paderborn und Umgebung durch außergewöhnlichen Einsatz und "besondere Leistungen auf sozialem und kulturellem Gebiet" ausgezeichneten, erläuterte Dr. Erich Schmidtmann, Vorsitzender des Niels-Stensen-Ausschusses.

Bisherige Preisträger der Auszeichnung sind Schwester Oberin Ruth Poll des Seniorenheims Westphalenhof, Pater Alfons Minas, der ehemalige Direktor des Salvatorkollegs in Klausheide, und Domchordirektor Theodor Holthoff. Namensgeber des Preises ist der gebürtige Däne Niels Stensen, der im 17. Jahrhundert nicht nur Arzt und Anatom, sondern später auch katholischer Priester und Weihbischof von Paderborn war und als Seliger verehrt wird.

Wie Schmidtmann in seiner Laudatio ausführte, erhält Margit Naarmann für ihre jahrzehntelange wissenschaftliche und karitative Beschäftigung mit den Opfern des Holocausts und ihr Engagement für die Stadt Paderborn den Niels-Stensen-Preis in diesem Jahr. Schon seit ihrer Jugend setzt sich die gebürtige Padbergerin mit der jüdischen Geschichte auseinander. Anstoß war ihr Aufenthalt als Au-pair-Mädchen bei einem jüdischen Arzt in Edinburgh in den 1960er Jahren, als sie zum ersten Mal Kontakt mit jüdischen Emigranten aus Deutschland hatte. Nach ihrem Studium konzentrierte sie sich in ihrer Dissertation auf die Geschichte der Paderborner Juden zwischen 1802 und 1945 und suchte in aller Welt nach ehemaligen jüdischen Familien der Stadt.

1989 schließlich stellte Naarmann das Ergebnis ihrer jahrelangen Recherche zu 300 Paderborner Juden und die Adressen der Überlebenden der Stadt Paderborn zur Verfügung. Auch durch den engen und freundschaftlichen Kontakt zu den Überlebenden und ihren Angehörigen habe Margit Naarmann dazu beigetragen, bei vielen ein positives Gefühl für die alte Heimat zu wecken, so Schmidtmann. Besonders dankbar seien zahlreiche Menschen auch für das 1998 herausgegebene Buch Naarmanns "Von ihren Leuten wohnt hier keiner mehr", das für viele ein Stück Vergangenheitsbewältigung darstelle, sagte Schmidtmann. Sie habe "den jüdischen Anteil an der Stadtgeschichte transparent" gemacht und leiste auch weiterhin auf vielfältige Weise ehrenamtliche Erinnerungsarbeit.

Margit Naarmann bedankte sich mit einer bewegenden Rede bei den Mitgliedern des Lions-Clubs. Auf ihrem Weg des Erinnerns und Gedenkens seien aus ihren Kontakten zum Teil persönliche Freundschaften entstanden; von vielen Menschen kenne sie die ganze Lebensgeschichte. Auch wenn ihre Arbeit oft nicht leicht gewesen sei, sei es wichtig, Verantwortung zu übernehmen. Das Preisgeld möchte Naarmann größtenteils zur Restaurierung einer hebräischen Bibel aus dem 16. Jahrhundert in der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek zur Verfügung zu stellen.

Bildunterschrift: Ausgezeichnet: Dr. Erich Schmidtmann (l.) und Gunnar Grahl mit der Preisträgerin Dr. Margit Naarmann, die eine Urkunde und eine Bronzemedaille erhielt. Das Herz im Wappen steht für Stensens Leistung als Arzt, das Kreuz für seine Arbeit als Priester.


lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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