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Bünder Tageblatt / Neue Westfälische ,
01.03.1993 :
Celia Sokolowsky: Bünde ist keine Insel
Bünde. Celia Sokolowsky ist Mitglied des Vereins "Villa Kunterbunt". Sein Domizil hat der Verein an der Bünder Winkelstraße. Hier trifft sich auch die heimische "Antifa". Samstagnacht brannte die Villa aus (dazu nebenstehenden Bericht). Wenige Stunden nach dem Anschlag sprach die Neue Westfälische mit Frauen und Männern aus der Villa.
Frage: Kam der Anschlag für euch wie ein Blitz aus heiterem Himmel?
Celia Sokolowsky: Eigentlich war es nicht überraschend für uns. Der Terror von rechts findet überall statt und da ist Bünde keine Insel in der BRD. Klar ist auch, dass in Bünde die Villa potentielles Angriffsziel ist. Vor allem mussten wir aber auf so etwas gefasst sein, weil es immer wieder Übergriffe auf Deutsche und Ausländer gab. Unsere Leute und andere wurden bedroht, die Faschisten kleben Plakate und es gab kleinere Anschläge auf die Villa.
Frage: Was ist bis heute an rechtem Terror gegen die Villa gelaufen?
Sokolowsky: Das war jetzt der zweite Brandanschlag. Persönliche Angriffe und Beschädigungen der Villa von außen können wir schon gar nicht mehr zählen.
Frage: Gibt es denn in der rechten Bünder Szene tatsächlich eine neue Aufrüstung oder kamen die Leute von außerhalb?
Sokolowsky: Zum harten Kern gehören Leute, die uns alle bekannt sind. Aber immer mehr sympathisieren mit den Skins. Wir haben mit diesem Umfeld immer das Gespräch gesucht, weil wir dieser rechten Entwicklung Einhalt gebieten müssen. Auf der anderen Seite heisst es über die Skinheads schnell: ach, schaut euch die armen Jungs an, die haben keinen Arbeitsplatz usw. So geht es für uns auch nicht: die Täter dürfen nicht zu Opfern gemacht werden.
Frage: Wie wird eure Reaktion ausfallen? Wie vermeidet ihr eine Eskalation der Gewalt?
Sokolowsky: Natürlich lassen wir uns nicht provozieren. Wir werden mit den Faschos weiter das Gespräch suchen. Doch irgendwo ist da eine Grenze: es gilt auch, der rechten Gewalt in irgendeiner Form Einhalt zu gebieten.
Frage: Jetzt ist die Villa erst einmal zu. Wie geht es mit euch weiter?
Sokolowsky: Unsere politische Arbeit ist durch den Anschlag nicht auf Sand gelaufen. Aus Gesprächen mit der Stadt sollte sich ergeben, dass die Villa entweder von Grund auf renoviert wird oder uns ein neues Haus zur Verfügung gestellt wird. Allerdings können wir der Stadt auch nicht den Vorwurf ersparen, dass wir schon seit Monaten vergeblich darauf hinweisen, dass sich die Lage zuspitzt. Aber seit dem ersten Anschlag wurden noch nicht einmal die Türen einbruchsfest gemacht. Hoffentlich wird jetzt schnell gehandelt.
Interview: Stefan Winter
lok-red.buende@neue-westfälische.de
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