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WebWecker Bielefeld , 11.02.2004 :

Diskriminierung von ausländischen Studierenden?

Am kommenden Freitag will die Bundesregierung im »kleinen Kreis« mit der Opposition erneut über den Entwurf für ein neues Zuwanderungsgesetz beraten. Das könnte auch für ausländische Studierende Rechtssicherheit bringen. Zur Zeit sind sie noch auf den guten Willen von Kommunen und Arbeitsämtern angewiesen. An der Uni Bielefeld fühlen sich einige von der Jobvermittlung diskriminiert

Von Mario A. Sarcletti

"Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, die insgesamt 90 Tage oder 180 halbe Tage nicht überschreiten darf, sowie zur Ausübung studentischer Nebentätigkeiten." Das sieht der Entwurf des Bundesinnenministeriums zum neuen Zuwanderungsgesetz vor, das nach den Vorstellungen der Bundesregierung noch vor Ostern in den Bundestag eingebracht werden soll. Gegenüber den geltenden Bestimmungen stellt dies für Studierende, die nicht aus EU-Ländern kommen eine Verbesserung dar. Bisher gilt die 90 Tage Regelung, selbst wenn die Betroffenen nur eine Stunde pro Tag arbeiten.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Gesetz aufgrund von Formfehlern bei der Abstimmung im Bundesrat im Dezember 2002 gestoppt hatte, waren ausländische Studierende auf den guten Willen von Kommunen und Arbeitsämtern angewiesen. Zwar hatte die Bundesanstalt für Arbeit vorgeschlagen, die 180 Tage Regelung anzuwenden, aber nicht überall folgten die Behörden dieser Anregung. Die mongolische Studentin Ninjin E. machte diese Erfahrung bei der Jobvermittlung des Bielefelder Arbeitsamtes in der Universität. »Ich war vor zwei Jahren als Erstsemester bei der Jobvermittlung und wollte einen Job haben. Aber es wurde mir gesagt, dass ich eine ausländische Studentin bin, die nicht auf Dauer arbeiten darf und dass ich deshalb keinen Job vermittelt bekomme«, berichtet sie. "Ich finde das ist eine Diskriminierung und sie möchten uns gar nicht vermitteln", vermutet die Studentin.

Tanja Weidemann, die seit einem Jahr in der Jobvermittlung arbeitet, kann sich nicht vorstellen, dass das Gespräch vor zwei Jahren tatsächlich so ablief: "Das ist so eigentlich nicht richtig. Es gibt nur sehr sehr wenige Jobs, wo die Arbeitgeber sagen, das geht nicht, weil sie über die 90 Tage drüberkommen. Aber normalerweise klappt das", erzählt die Jobvermittlerin. Allerdings sei die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Studierende sehr angespannt, zur Zeit habe sie nur etwa fünfzig Jobs im Angebot: "Wir haben zur Zeit generell sehr wenig Jobs, sodass sowohl deutsche als auch ausländische Studierende Schwierigkeiten haben eine Stelle zu bekommen", beschreibt sie das Problem.

Ninjin E. ist allerdings nicht die einzige ausländische Studentin, die schlechte Erfahrungen mit der Jobvermittlung gemacht hat. "Wenn wir ausländischen Studierenden miteinander sprechen, dann erzählen alle dasselbe, alle haben diese Erfahrungen gemacht", berichtet Ninjin. So habe eine polnische Kommilitonin, die in ihrer Heimat bereits einen Abschluss erwarb, einen adäquaten Job gesucht. "Aber es wurde ihr gesagt, dass eine ausländische Studierende nur als Putzfrau arbeiten dürfte und sonst nichts", empört sich die Mongolin.

Während sie das erzählt, kommt Claire aus Kamerun in das Büro des Ausländersprecherrates ASR. Auch sie möchte ihre Erfahrungen mit der Jobvermittlung loswerden. "Ich wurde da immer ganz komisch behandelt", berichtet sie. "Einmal hatte ich mir unter den Aushängen einen Job ausgesucht und dann wurde mir gesagt: Das sollten sie lieber nicht versuchen, die nehmen sie sowieso nicht", erinnert sie sich an einen Besuch bei der Jobvermittlung. Ein anderes Mal wollte die Vermittlerin erstmal die Arbeitserlaubnis sehen. "Aber wir sind hier in der Uni, das geht die überhaupt nichts an", schimpft Claire. Sie glaubt, dass sie als Afrikanerin schlechter behandelt wird als andere: "Einem hellhäutigen Menschen sieht man den Ausländer nicht unbedingt an. Aber bei uns ist es so, als würde einem das auf der Stirn stehen: Hier kommt eine Ausländerin."

Bertrand aus Cote d' Ivoire hingegen glaubt nicht, dass er aufgrund seiner Hautfarbe schlechter behandelt wird als andere: "Die Leute da sind unfreundlich gegenüber allen Ausländern, ich geh da nicht mehr hin." Einmal habe er wegen eines Jobs als Promoter nachgefragt. "Auf dem Angebot stand nicht drauf, dass man gute Deutschkenntnisse braucht. Die Frau da hat mich dann lächerlich gemacht", erinnert der sich an das, wie er sagt, an das "frustrierende Erlebnis".

Tanja Weidemann glaubt nicht, dass ausländische Studierende in der Jobvermittlung diskriminiert werden: "Bei uns ist eigentlich jeder gleich", versichert sie. Die Frustration der Betroffenen erlebt sie dennoch immer wieder: "Es gibt so viele afrikanische oder andere Nationalitäten, die sagen: Ich komme jetzt seit einem halben Jahr hierhin, ich krieg nichts." Das liege allerdings nicht am Pass der Jobsuchenden, sondern am Arbeitsmarkt: "Ich muss dann immer sagen: Deutschen geht es genauso."

Der in der vergangenen Woche neu gewählte Vorsitzende des ASR, Samy Shili, will sich der Beschwerden aber auf jeden Fall annehmen: "Ich werde die sammeln und das Arbeitsamt darauf ansprechen", kündigt er an. Denn er weiß, dass die Jobvermittlung auch für ausländische Studierende eine wichtige Einrichtung ist: "Ausländische Studierende müssen jobben, die kommen nicht klar mit der finanziellen Situation, wie die deutschen Studierenden ja auch." Insofern sind alle Studierenden gleich.


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