Mindener Tageblatt ,
17.03.2007 :
Wut, Mitgefühl, Trauer und Sorge / Stolpersteine-Aktion des Kölner Künstlers Gunter Demnig wird von Dankerser Schülern begleitet
Minden (mt). "So etwas wollen wir in unserem Land nie wieder haben."
Von Hans-Jürgen Amtage
Lorena Claasen, Klassensprecherin der 9 a der Hauptschule Dankersen, sprach gestern Morgen das aus, was viele dachten, die der mahnenden und erinnernden Kunstaktion "Stolpersteine" des Kölners Gunter Demnig (59) an der Bachstraße 8 beiwohnten. Eine Menschen verachtende Politik, wie sie die Nationalsozialisten betrieben haben, darf es nie wieder geben.
Die 26 Schülerinnen und Schüler der 9 a und ihr Klassenlehrer Manfred Hüttemann hatten die Patenschaft für den ersten Stolperstein der inzwischen dritten Aktion Demnigs in Minden übernommen und für den Stein mit der Messingplatte, der an der Bachstraße von dem Künstler in das Pflaster eingesetzt wurde, gespendet. Eine Spende, die Menschen, die Opfer des Naziregimes geworden sind, in Form der Stolpersteine wieder in das Stadtbild zurückholen sollen, wie es Sabine Schulz von der initiierenden Aktionsgemeinschaft Friedenswoche Minden am Freitag formulierte.
Der erste Stolperstein war Paula Gehlhaus geborene Otte gewidmet, die geistig und körperlich behindert war und am 9. Juni 1942 im Alter von 49 Jahren im Vernichtungslager der Nazis in Warta verschwand, ohne dass es weitere Hinweise auf ihr Schicksal gibt (das MT berichtete). Wahrscheinlich ermordet im Rahmen der Euthanasiepolitik der Nationalsozialisten. So wie ihr behinderter Sohn Willi Otte, der im Februar 1945 in der so genannten Heilanstalt Egelfing-Haar ums Leben kam. An ihn erinnert ein Stolperstein in der Brüderstraße 16. Um die Gedenkplatte von Paula Gehlhaus schrieben die Dankerser Schüler gestern mit Kreide ihre Gedanken und Gefühle auf das Pflaster: Wut, Mitgefühl, Beschämung, Trauer, Zorn und Sorge. Und: Keine Neonazis in Minden!
Die werden bei ihrem für heute angekündigten Marsch möglicherweise zwei Stolpersteine in Sichtweite streifen. Die Steine, die an die jüdischen NS-Opfer Frieda und Alfred Pfingst aus der Bäckerstraße 74/76 erinnern und gestern ebenso in das Pflaster gelegt wurden wie die Stolpersteine für Gertrud und Ernst Lindemeyer am Markt und Dr. Robert Nußbaum an der Steinstraße.
Bildunterschrift: Der Kölner Künstler Gunter Demnig erinnerte gestern Morgen mit der Verlegung des "Stolpersteines" an der Bachstraße an das Euthanasieopfer Paula Gehlhaus. Schülerinnen und Schüler der Klasse 9a der Hauptschule Dankersen, gestalteten den Erinnerungsakt.
Bildunterschrift: Mahnungen und Gefühle schrieben die Schüler auf das Pflaster.
17./18.03.2007
mt@mt-online.de
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