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Gütersloher Zeitung / Neue Westfälische , 07.08.2003 :

"Hartherzig" / Flüchtlingsrat: Vorwürfe gegen Kreis

Rheda-Wiedenbrück (NW). Mit einem spetakulären Versuch einer Selbstverbrennung hat vor einer Woche ein 33-jähriger Türke auf dem Ausländeramt des Kreises Gütersloh in Wiedenbrück gegen seine drohende Abschiebung protestiert (wir berichteten). Weiterhin gilt der Zustand des Mannes, der Verbrennungen zweiten und dritten Grades erlitt, als lebensbedrohlich. Diesen Fall nimmt nun der "Bielefelder Flüchtlingsrat" zum Anlass, das NRW-Innenministerium aufzufordern, eine Untersuchung über das Vorgehen der Ausländerbehörde einzuleiten.

In einer gestern Nachmittag verbreiteten Presseerklärung, die auch vom "Ökimenischen Netzwerk Bielefeld zum Schutz von Flüchtlingen" unterstützt wird, heißt es unter anderem:

"Ein Mensch hat sich selbst angezündet und liegt in Lebensgefahr im Krankenhaus. Eine normale menschliche Reaktion wäre sich zu fragen: Welche Verzweiflung und Ängste haben ihn dazu gebracht? Warum hat er keine andere Möglichkeit gesehen? Wie sind seine Lebensumstände?

Aber der junge Mann ist türkischer Staatsangehöriger, wiederholt straffällig geworden. Da setzen scheinbar alle menschlichen Selbstverständlichkeiten aus und an ihrer Stelle treten Zynismus und Menschenverachtung.

Wir bezeichnen das Messen mit verschiedenen Maßstäben an solchen Punkten auch als Rassismus. Statt Betroffenheit und Nachdenklichkeit hören wir vom Kreis Gütersloh, dass man sich "auch künftig nicht unter Druck setzen lasse". Es sei "unglaublich, mit welchen Mitteln die Ausreise verhindert werden sollte". Und jetzt gelte eine "neue Bewertungsgrundlage".

Man könne die Aussagen des Kreises Gütersloh psychologisch betrachtet ja auch als schuldabwehrende Schockreaktion erklären. Allerdings ist die Ausländerbehörde des Kreises Gütersloh bekannt für ihre Härte gegenüber Flüchtlingen und für eine rigorose Abschiebepraxis. Diese Behörde entscheidet "unsensibel, außergewöhnlich hartherzig und unmenschlich über das Schicksal hilfloser und schwer kranker Flüchtlinge", wie die Kritiker in der NW-Berichterstattung vom 1. August aus unserer Sicht zu Recht bemerken. Von dem Versuch der Mitarbeiter, "humane Lösungen zu finden", wie es der Landrat Adenauer bezeichnet, ist in vielen uns bekannten Fällen nichts zu spüren. Die Reaktionen der Ausländerbehörde auf diesen Selbsttötungsversuch sind absolut menschenverachtend und zynisch.

Da es bereits vor wenigen Monaten zu einer Selbsttötung im Zusammenhang mit einem Besuch bei der Ausländerbehörde Kreis Gütersloh gekommen ist, fordern wir eine Aufklärung der Umstände, die zu dem aktuellen Fall geführt haben."


lok-red.guetersloh@neue-westfaelische.de

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