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Lippische Landes-Zeitung , 05.02.2004 :

Al Qaida den Nährboden entziehen / ZDF-Experte Elmar Theveßen informiert Lions über das Netzwerk des Terrors

Detmold (aga). Mit dem Netzwerk des internationalen Terrors beschäftigte sich der Lions-Club Detmold-Residenz im Rahmen seines Lionsabends. Zum Thema "Schläfer mitten unter uns" hatte Präsident Wilhelm Lampe mit Elmar Theveßen einen sehr kompetenten Referenten geladen. Der Terrorismusexperte des ZDF berichtete den Mitgliedern des Clubs sowie Gästen zahlreicher weiterer Lions-Clubs aus der Region im sehr gut gefüllten Vortragssaal im Gildezentrums sehr anschaulich vom Wirken Al Qaidas und über den oft sehr hilflosen Aktionismus des Westens.

"Hier in der Region würde ich das Risiko für eher sehr gering erachten", schätzt Elmar Theveßen Lippe und vermutlich ganz Ostwestfalen als Ziel für Anschläge internationaler Terroristen glücklicherweise als eher uninteressant ein. In der Nähe großer Industrieanlagen, zum Beispiel der Bayer-Werke, sehe das schon anders aus. Doch seien in Deutschland am ehesten vermutlich amerikanische Einrichtungen gefährdet.

Theveßen, den Lampe schon vor gut einem Jahr zu diesem Vortrag eingeladen hatte, verlegte seinen Schwerpunkt dann von den Schläfern mehr in Richtung der Entwicklung seit dem Irak-Krieg und dem als "Comeback von Al Qaida" bezeichneten Bombenanschlag in Casablanca am 16. Mai vorigen Jahres.

"Hier in der Region geringes Risiko"
Elmar Theveßen

Nach der Zerschlagung Al Qaidas in Afghanistan - der ZDF-Experte vergleicht das damit, mit einem Baseballschläger in einen Bienenschwarm geschlagen zu haben - habe sich parallel zu der Organisation Al Qaida eine "Ideologie Al Qaida" entwickelt, bei der Osama Bin Laden und die Führungsebene lediglich Grundlagen und Richtung vorgeben. "Sie kontrollieren nicht mehr das Tagesgeschehen." Und genau diese Dezentralisierung erschwere den Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

Dazu komme, dass die unbefriedigende ja elende Lage der Bevölkerung in Staaten wie Kenia, Pakistan den Philippinen und anderer der Terrororganisation das Rekrutieren vor allem junger Menschen, die ohne den Kampf keine Perspektive für sich sehen, sehr leicht machen. "Auch in Saudi-Arabien gibt es eine immer größere Zahl von Menschen ohne Zukunftsperspektive", so Theveßen über das Herkunftsland Bin Ladens, wo das Pro-Kopf-Einkommen in den vergangenen 20 Jahren auf weniger als ein Viertel dessen von 1981 gesunken ist.

Deshalb könne nur eine glaubwürdige, nicht nur an geostrategischen Interessen ausgerichtete Politik, im Zusammenwirken mit erforderlichen militärischen wie polizeilichen Mitteln zur Lösung des Problems führen. "Der Irak muss zu einem Erfolg werden", nannte Theveßen das Land als beispielhaft dafür, auf welchem Nährboden Al Qaida immer wieder zutiefst unzufriedene junge Muslime rekrutieren könne. Ein weiterer sei der israelisch-palästinensische Konflikt. Der sei Osama Bin Laden eher egal, doch nutze er ihn als Werkzeug seiner Propaganda. "Und für die jungen Leute, die er rekrutiert ist dieser Konflikt ein ganz wichtiger Aspekt, wie Muslime misshandelt werden."

Zum Ende seines Vortrags wies Theveßen darauf hin, dass sein gleichnamiges Buch "Schläfer mitten unter uns" ab Mai auch als Paperback zu haben sein soll. Etwa zeitgleich würde dann auch sein neues Buch "Die Bush-Bilanz" erscheinen. "Beim Lesen werden sie nicht soviel Spaß haben wie bei Michael Moore", kündigte er an, dass es sich um eine rein sachliche Bilanz der Präsidentschaft handeln solle.

Wilhelm Lampe bat die Zuhörer im Rahmen des Vortrags, wie bei ähnlichen Lions-Veranstaltungen üblich, um eine Spende. Mit dieser möchte der Lions-Club Detmold-Residenz das Ergebnis der Second-Hand- sowie der Glühwein-Activity aus dem Vorjahr aufstocken. Der Betrag soll dem stationären Hospiz in Detmold zugute kommen. "Wir wollen dafür ein oder zwei Sauerstoffgeräte anschaffen", erläuterte der Präsident das Vorhaben.

Im Anschluss an Vortrag und Diskussion konnten sich die Gäste dann in lockerer Atmosphäre bei einem Imbiss weiter über das Thema austauschen. "Wer bei unserem Jazzkonzert im Sommer dabei gewesen ist, weiß um die Qualität unseres Imbisses", lobte Lampe die kulinarischen Feinheiten, die "unsere Frauen wieder selbst gemacht haben."


Detmold@lz-online.de

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