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B. Setzer, Auf der Straße, 4930 Lipperland , 14.01.1981 :

Klingenberg-Kommunikationszentrum / Besetzerinfo VI. /

Die Antwort der Stadt auf die Forderungen der Besetzer: Gewaltsame Räumung!

Nach über sechs Wochen erfolgreicher Kulturarbeit wurde am Montag, den 12.01.1981 um 4 Uhr morgens das Kultur- und Kommunikationszentrum Klingenberg von 540 schwerbewaffneten Polizisten geräumt und zerstört.

Zerstört wurde damit ein, bisher wohl auch über die Grenzen Lippes hinaus, einmaliger Ansatz zu einer Kulturarbeit im Sinne eines neuen Kulturverständnisses.

In Klingenberg haben wir sechs Wochen lang unsere Vorstellungen von sinnvoller Kulturarbeit miteinander praktiziert und konnten wertvolle Erfahrungen auf diesem Gebiet sammeln. Wir haben gelernt, besser miteinander umzugehen, eigenverantwortlich und gemeinsam zu handeln und das überall verordnete Konsumverhalten zu durchbrechen. Gemeinsam haben wir das Haus renoviert, eine Teestube, Kneipe und Druckerei in Betrieb genommen und darüber hinaus einen Freiraum in dieser Stadt geschaffen, in dem Menschen ihre Bedürfnisse verwirklichen können; und das alles durch unsere eigene Kraft und die Unterstützung der Detmolder Bevölkerung. Das sind Fakten und Erfahrungen, die die 540 Polizisten nicht wegräumen konnten - und es nie können werden!

In der Zeit der Besetzung haben wir immer wieder versucht, mit der Stadt über ein Kultur- und Kommunikationszentrum zu verhandeln. Die Stadt war jedoch zu keinem Zeitpunkt bereit mit uns ernsthafte Gespräche zu führen, obwohl sie dies öffentlich vorgab. Die Räumung ist der krönende Abschluss dieser Doppelzüngigkeit. Das zeigt ganz klar, dass es der Stadt und dem RP nicht um die Bedürfnisse der Bürger geht, sondern um machtpolitische Interessen. Eine Idee soll gewaltsam unterdrückt werden. Welches Interesse verbirgt sich hinter dieser Politik? Einige Herren haben offensichtlich Angst, dass, wenn Menschen anfangen, ihre Freizeit selbst zu organisieren, sie dieses auch in anderen Bereichen tun. Selbstverantwortlichkeit und Selbstorganisation sind in dieser Stadt nicht gerne gesehen. Was verlangt wird, ist Duckmäusertum, Anpasserei und Untertanenhaltung. Dem setzen wir unser Bedürfnis nach selbstbestimmten Leben entgegen.

Aus diesem Grund ist auch für uns mit dem Abriss von Klingenberg unser Kampf für ein selbstverwaltetes Kultur- und Kommunikationszentrum nicht beendet. Bedürfnisse lassen sich nicht durch Staatsgewalt aus der Welt schaffen. Mit Klingenberg wurde zwar das für ein Kultur- und Kommunikationszentrum am besten geeignete Gebäude in Detmold zerstört, es gibt aber noch zahlreiche andere Häuser, die wir umfunktionieren können! Unsere Arbeitsgruppen und Veranstaltungen werden auch weiterhin durchgeführt, wo werden wir noch bekannt machen. Das wir auf dem richtigen Weg sind, zeigten uns die Benutzer des Kultur- und Kommunikationszentrums. Diesen Weg werden wir weiter gehen; egal ob Stadt und RP es wollen oder nicht!

Ablauf der Räumung

Gegen Sonntagmittag bekamen die Besetzer die ersten Informationen, dass in der Nacht das Kultur- und Kommunikationszentrum Klingenberg geräumt werden sollte. Noch am Nachmittag wurden Bürgermeister Vogt und Regierungspräsident Stich angerufen und gefragt, ob sie diese Informationen bestätigen könnten. Beide redeten sich heraus und sagten, sie wüsstendavon nichts. Das kann nur als Lüge bezeichnet werden, da diese Herren als politisch Verantwortliche die Räumung angesetzt und mitgeplant haben.

Der Montag

Als am Montag um 4.00 Uhr morgens mit der Räumung begonnen wurde, waren ca. 80 Besetzer im Haus. Spezialeinheiten der Polizei brachen überfallartig die Eingangstür auf. Die Besetzer hatten sich teils in die Küche, teils in eine der Hallen zurückgezogen. Die Küche wurde, als die Polizei Anstalten machte Gewalt anzuwenden, freiwillig geräumt. Nach einer halben Stunde hatten die Beamten die Stahltür zu der Halle, in der sich der andere Teil der Besetzer befand, aufgebrochen. Einige Besetzer zogen sich aufs Dach zurück. Erst um etwa 6.00 Uhr war das Gebäude geräumt.

Nur dem besonnenen Verhalten der Besetzer ist es zu verdanken, dass es nicht zu Ausschreitungen kam.

Alle Besetzer wurden vorläufig festgenommen und erst nach einer erkennungsdienstlichen Behandlungen bis gegen 7.00 Uhr entlassen.

Danach:

Anschließend wurde ein spontaner Demonstrationszug durch die Innenstadt veranstaltet, von dem zahlreiche Aktionen ausgingen. So wurde für einige Minuten ein weiteres Gebäude besetzt, eine Kreuzung blockiert und das Rathaus besucht. Das Rathaus wurde nach 10 Minuten von der Polizei wieder geräumt. Sämtliche Demonstranten wurden dann auf dem Marktplatz von Polizeiketten eingekesselt - angeblich um den Urheber einer Wandparole im Rathaus zu ermitteln. Sie wurden einer brutalen Leibesvisitation unterzogen, dabei wurde auf mehrere Demonstranten eingeprügelt. Wieder wurden die Personalien festgestellt. Gegen 8.00 Uhr wurde einigen Besetzern "freundlicherweise" gestattet, die Klingenberg-Fabrik zu betreten, um zu retten, was von ihrem Eigentum noch nicht zerstört war.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Polizei bereits große Teile des Gebäudes demoliert, sämtliche Türen herausgebrochen, die Fenster samt Rahmen zerschlagen und ein Treppenhaus eingerissen.

Uns bleibt angesichts dieser traurigen Tatsachen nur die Wut und der ungebrochene Wille, unseren Kampf für ein selbstverwaltetes Kultur- und Kommunikationszentrum fortzusetzen.

Klingenberg lebt weiter! Wir treffen uns am Samstag, den 17.01. um 11.30 Uhr am Landesmuseum!

Termine

Plenum: Dienstags, 20 Uhr, Rosenstraße 2, im Keller

Frauengruppe: Montags, 20.30 Uhr

Antimilitaristischer Arbeitskreis: Dienstags, 20 Uhr

Ermittlungsausschuss: Donnerstags, 20 Uhr

Brokdorf-Gruppe: Samstags, 15 Uhr

Alle Gruppen treffen sich im Buchladen `Distel`.

Meditations-Gruppe: Mittwochs, 20 Uhr, Hans-Hinrichs-Straße 8

Weitere Informationen sind über den Buchladen Distel, Sachsenstraße 14, zu erfahren!

Friede den Hütten - Krieg den Palästen - Klingenberg lebt!


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