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Mindener Tageblatt , 28.01.2004 :

Grabfeld für Moslems eingerichtet / Auf Südfriedhof finden Gläubige unterschiedlicher Religionen ihre letzte Ruhe

Von Jürgen Langenkämper

Minden (mt). Ein einfacher Erdhaufen hier, ein Holzkreuz mit Halbmond dort und ein Marmorstein mit dem Foto der Verstorbenen gleich daneben - auch Verstorbene moslemischen Glaubens finden in Minden ihre letzte Ruhe.

"Seit vier Jahren sind auf dem Südfriedhof zwei Grabfelder nur für Moslems ausgewiesen", sagt Susann Lewerenz seitens der Stadt Minden. Noch ruhen hier nicht einmal ein Dutzend Menschen, die lange in Minden gelebt haben und deren Hinterbliebene ein Grab in der Nähe wünschten.

Noch ist eine Überführung des Leichnams trotz der damit verbundenen Kosten weit verbreitet - besonders unter Türken der ersten Generation. "Dafür gibt es spezielle Bestattungsversicherungen auf Gegenseitigkeit, die über das türkische Konsulat organisiert werden", sagt Hikmet Celik, ehemals stellvertretender Vorsitzender des türkischen Vereins. "Die Versicherung trägt alle Kosten." Dafür legen die hierzulande lebenden Türken zu Lebzeiten Geld zurück. In größeren Städten gibt es spezielle Bestatter, die sich mit den Formalitäten auskennen. Manch einer fliegt aber auch schon in die Heimat zurück, wenn er sein Ende nahe fühlt.

"Es gibt für Moslems überhaupt keine Probleme, neben Christen bestattet zu werden", sagt Celik. Ein Unterschied liegt für moslemische Gläubige eher darin, dass sie ihre Toten nicht in Särgen, sondern in einem schlichten weißen Tuch begraben. Dies wird durch das neue Bestattungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen erleichtert. Ein Sarg sei aber für den Transport vom Sterbeort bis an das Grab vorgeschrieben, sagt Susann Lewerenz.

Mit der Bestattung in einem Tuch, wie es auch für frühchristliche Zeiten in der Bibel beschrieben wird, verbinden Moslems die dem Christentum nicht unähnliche Vorstellung, dass so die sterblichen Überreste möglichst schnell wieder dorthin zurückkehren können, woher sie gekommen sind: in die Erde. Deshalb finden Begräbnisse im Islam in der Regel auch schneller statt als bei Christen üblich.

Bei der Grablegung ist die Ausrichtung nach Südosten zu beachten. "Es soll so sein, dass der Kopf Richtung Mekka weist", sagt Hikmet Celik.

Und schon vor dem Tod bereiten Glaubensbrüder und Familienangehörige den Sterbenden auf den Weg aus dem Leben vor. "Auf dem Sterbebett werden Verse aus dem Koran in Gegenwart von Verwandten vorgelesen", berichtet Celik. Mit den letzten Atemzügen sollte der Sterbende den Namen Allahs auf den Lippen haben. Nach dem Tod wurde der Leichnam früher in einem Raum des Klinikums gewaschen. Seit einem Jahr verfügt der türkische Kulturverein über einen eigenen, behördlich genehmigten Waschraum in seinem Gebäude.

Während die Toten aus streng religiösen Familien nur mit einem Grabhügel ohne Schmuck bestattet werden, haben sich andere Moslems der christlichen Tradition angenähert. So gibt es auch auf dem Südfriedhof trotz der geringen Anzahl moslemischer Gräber bereits eine kleine Vielfalt, erleichtert durch das Fehlen einer Gestaltungssatzung. Wie auch immer im Einzeln ausgeprägt, dringt bei allen Unterschieden eine zutiefst menschliche Grundverbundenheit mit den Verstorbenen durch.


mt@mt-online.de

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