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Schaumburger Nachrichten , 16.11.2006 :

Lebendige Widerstandsgeschichte / Konstantin von Kleist als Zeitzeuge im Erzählcafé

Rinteln. Voll ist es im Museum Eulenburg beim "Erzählcafé" gewesen, als Konstantin von Kleist aus seinem Leben und besonders von seiner Begegnung mit Dietrich Bonhoeffer erzählte. Kleists Cousine Maria von Wedemeyer war die Verlobte Bonhoeffers und die Empfängerin seiner "Brautbriefe".

"Ich bin ein kleines Licht und er ist ein großes Licht", sprach Konstantin von Kleist, selbst Theologe und Pfarrer im Ruhestand, über den herausragenden Vertreter der "Bekennenden Kirche" und Widerständler im 3. Reich, der bereits mit 26 Jahren als Professor der Theologie in Berlin lehrte und 1945 von den Nazis ermordet wurde. Von Kleist plauderte in lockerem Tonfall und warf dabei auch ein Licht auf seine Familie, deren Mitglieder im Widerstand gegen das 3. Reich eine bedeutsame Rolle spielten. "Ja, wir waren Pietisten aus Pommern, Landwirte", sagte er. "Ich komme aus einer theologisch sehr interessierten Familie."

Seine energische Großmutter Ruth von Kleist-Retzow unterstützte tatkräftig das seit 1935 von Bonhoeffer in Finkenwalde bei Stettin geleitete "illegale Predigerseminar" der inzwischen verbotenen "Bekennenden Kirche", und auch der junge Konstantin war tief beeindruckt von dem streitbaren Theologen, der ab 1937 im Haus der Großmutter, die dort eine Art "Kinderpension" unterhielt, Konfirmandenunterricht erteilte. Seine Cousine Maria von Wedemeyer, lauschte oft an der Tür, wenn Dietrich Bonhoeffer im großmütterlichen Haus unterrichtete und machte sich dann einen Spaß daraus, den Pfarrer in der Familienrunde nachzuahmen. "Für mich war Maria eine wilde Hummel, obwohl sie bestimmt die Klügste von allen war", erzählte von Kleist. Die Großmutter sei es gewesen, die später Maria und den 18 Jahre älteren Dietrich Bonhoeffer ein "bisschen verkuppelt" hatte. Kleists Vater Hans Jürgen dagegen, Marias Vormund, war weniger begeistert von der Verbindung, die durch die Verhaftung Bonhoeffers auf eine harte Probe gestellt wurde, aber: "Was Maria sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, das setzte sie auch durch." Großmutter Ruth wurde zu einer Art Vermittlerin zwischen dem intellektuellen Kreis um Dietrich Bonhoeffer und dem konservativen Widerstand des Militärs, pflegte sie doch auch intensive Kontakte zu den Verwandten und Gutsnachbarn Hans Jürgen und Ewald von Kleist. Als letzterer im Dezember 1944 des Hochverrats angeklagt wurde (im April 1945 wurde er hingerichtet), bewahrte sie eine bewundernswerte Ruhe. Kleists Vater aber fürchte, auch er könne verhaftet werden und unter der Folter Geheimnisse verraten, so dass er sogar erwog, sich das Leben zu nehmen.

Einer der Bewacher von Bonhoeffer im Gefängnis Berlin-Tegel bot dem Gefangenen damals an, ihm zur Flucht zu verhelfen, aber der lehnte ab, um nicht noch andere Menschen in Gefahr zu bringen. "Bonhoeffer war für mich das größte und prägenste Erlebnis", sagte Konstantin von Kleist zum Abschluss.

Er selbst ging später als Missionar nach Südafrika, um sich in der "Hermannsburger Mission" gegen Apartheid einzusetzen und lebt nun im Ruhestand in Rinteln.


sn@madsack.de

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