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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 13.11.2006 :

Ein Kranz hält Erinnerung wach / Lichtenauer Gedenkstunde am Jüdischen Friedhof

Lichtenau (ag). Als die sechs Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 a und b der Archenhold-Hauptschule die Zeittafel zur Judenpolitik des nationalsozialistischen Regimes vorlesen, wird deutlich, warum die Stadt Lichtenau zusammen mit dem Förderkreis für Heimatgeschichte und Naturkunde seit 1984 jährlich eine Gedenkfeier am jüdischen Friedhof veranstaltet.

"Das Gedenken sind wir auch uns selbst schuldig, die wir mit der ganzen Wahrheit leben und uns unserer Verantwortung stellen wollen", hob Bürgermeister Karl-Heinz Wange hervor. Das heiße, den Anfängen zu wehren und sich immer aufs Neue auf die Wahrung der Menschenrechte zu verpflichten.

Der 9. November sei ein ganz besonderes Datum in der deutschen Geschichte. Es markiere Aufbruch und Abgrund zugleich. Dazu gehöre neben der Reichspogromnacht der Fall der Mauer 1989 und das Ausrufen der Republik 1918 mit der Hoffnung auf mehr Rechte und Freiheiten.

Ortsheimatpfleger Bernd Kruse ging dieses Mal auf die Anfänge der Juden in Lichtenau ein. Bereits im Mittelalter gab es jüdische Mitbürger in Paderborn und Büren. Der erste Jude in Lichtenau wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts in den Akten des Paderborner Altertumsvereins als "Moses Judt zur Liechtenau" erwähnt. Später taucht sein Name nur noch 1810 im Stadtarchiv von Bad Homburg vor der Höhe als "Moses Liechtenau" auf. Kruse geht davon aus, dass er zumindest verwandschaftliche Beziehungen nach Lichtenau gehabt haben musste.

Nachdem Pfarrer Christoph Röthemeyer zusammen mit Pfarrgemeinderatsmitglied Andrea Loll (für den erkrankten Pfarrer Hermann-Josef Sander) die Fürbitten gesprochen hatten, legten die Besucher nach jüdischer Tradition einen kleinen Stein auf jedes Grabmal.

Zu Beginn der Nazi-Herrschaft 1933 hatten rund 15 jüdische Mitbürger in Lichtenau gelebt. Acht von ihnen kamen später in Konzentrationslagern um, der Rest hatte rechtzeitig auswandern können oder war zu dem Zeitpunkt bereits verstorben.


lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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