www.hiergeblieben.de

Neue Westfälische , 11.12.1992 :

Seiters verbietet "Deutsche Alternative" / Erneuter Schlag gegen Rechtsextremismus

Bonn/Steinhagen (AP/dpa/e.b.). Nach der "Nationalistischen Front" hat Bundesinnenminister Rudolf Seiters gestern auch die nazistische "Deutsche Alternative" verboten. In neun Bundesländern durchsuchte die Polizei Wohnungen von Mitgliedern und beschlagnahmte Computer und Propagandaschriften.

In der Debatte des Bundestages über Rechtsextremismus verlangte Bundeskanzler Kohl, den zumeist jugendlichen Gewalttätern müsse mehr "Halt und Orientierung" gegeben werden. In Düsseldorf demonstrierten 5000 Polizisten gegen Fremdenhass.

Die "Deutsche Alternative" (DA) war vor allem in Ostdeutschland aktiv und zählte laut Innenministerium 350 Mitglieder, die zum Teil selbst an ausländerfeindlichen Ausschreitungen beteiligt waren. Ihre verfassungsfeindlichen Ziele verfolgte die Gruppe "in aggressiv-kämpferischer Form". Ihr Pogramm enthielt Parallelen zum Programm der NSDAP von 1920. Die DA war laut Verfassungsschutz Teil der "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front", in der auch der Neonazi Heinz Reisz aktiv ist. Ihm will Seiters Grundrechte aberkennen lassen.

Dem DA-Vorsitzenden Frank Hübner in Cottbus wurde die Verbotsverfügung am frühen Morgen ausgehändigt. Anschließend wurden auch in Nordrhein-Westfalen (Schwerpunkt war Bielefeld) Wohnungen von Mitgliedern durchsucht. In Steinhagen wurde die Wohnung des sogenannten Gauleiters von Ostwestfalen, Thomas Heinke (24) durchsucht. Die Polizei beschlagnahmte Flugblätter, Stempel und Embleme. Heinke brüstet sich damit, als Söldner in Kroatien gekämpft zu haben.

Im Bundestag forderten alle Parteien, den Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht nur mit Mitteln des Strafrechts zu führen. Der Kanzler mahnte neben einem konsequenten Vorgehen von Polizei und Justiz auch die Stärkung von Familie, Schule und Kirche an, um "dem einzelnen Jugendlichen Halt und Orientierung zu geben". Die Mehrzahl der Täter sei zwischen zwölf und zwanzig Jahre alt.

Oskar Lafontaine (SPD) rief dazu auf, dem Rechtsradikalismus durch den Ausbau der sozialen Gerechtigkeit und der demokratischen Mitwirkung den Nährboden zu entziehen. Vor allem die "soziale Schieflage" verunsichere viele Menschen und lasse sie Ausländer als Bedrohung empfinden.


redaktion@neue-westfaelische.de

zurück