Lippe aktuell ,
20.05.2006 :
Kulturausschuss beschließt Umbenennung / Neuer Name für Philipp-Lenard-Straße
Lemgo (jes). Nur wenige hundert Meter liegen zwischen der Albert-Einstein-Straße und der Philipp-Lenard-Straße am Biesterberg. Beide sind Physiker und bekamen den Nobelpreis verliehen. Nur: Einstein war bekanntlich Jude und Lenard der Wegbereiter der "arischen Physik". Im Kulturausschuss wurde jetzt einstimmig beschlossen, die Straße umzubenennen.
Als in den 60er Jahren nach Straßennamen für das Wohngebiet gesucht wurden, griff man auf Nobelpreisträger in Physik zurück. Mehr nicht. Dabei wurde dieser eklatante Fehler begangen, den die Verwaltung jetzt wieder ausbügeln muss. Ein Vorstoß zur Namensänderung wurde von den Anliegern vor einigen Jahren abgelehnt. Jetzt soll es allerdings ernst werden. Der neue Name lautet James-Franck-Straße. Damit soll sowohl sein wissenschaftliches Werk als auch an seinen Lebensweg erinnert werden. Die Anlieger werden von der Verwaltung über die Umbenennung informiert.
Lenard (1862 bis 1947) sind laut Internet-Recherche Arbeiten zur modernen Festkörper- und Atomphysik zu verdanken, wofür er 1905 den Nobelpreis erhielt. Der überzeugte Monarchist entwickelte im Eindruck der Ereignisse des Ersten Weltkrieges, des Versailler Vertrages und der Weimarer Republik allerdings eine zunehmend antisemitische Einstellung. Er griff mit heftiger Polemik die Person Albert Einsteins in Zeitungsartikeln und Vorträgen an. Er war der erste namhafte deutsche Wissenschaftler, der im Jahr 1924 in der Öffentlichkeit für die NSDAP eintrat.
Und der neue Namensgeber? Es wird wieder ein Naturwissenschaftler aus dem Kreis der deutschen Nobelpreisträger für Physik vorgeschlagen, obgleich es am Biesterweg inzwischen auch Straßen gibt, die nach Chemikern benannt wurden (Fritz Strassmann). James Franck (1882 bis 1964) ist jüdischer Abstammung. Er verdankte seiner Bekanntheit als Physiker vor allem den so genannten Franck-Hertz-Versuch, der das Bohrsche Atommodell bestätigte. Dafür bekam er 1925 den Nobelpreis.
Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, legte Franck aus Protest gegen das antijüdische "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" sein Professorenamt an der Universität Göttingen nieder. Kurze Zeit später ging er in die USA, in Chicago arbeitete er - nach Annahme der amerikanischen Staatsbürgerschaft - an der Plutoniumsgewinnung mit. Er hatte jedoch moralische Bedenken, die er schließlich zusammen mit anderen Wissenschaftlern im "Franck Report" niederlegte. Doch das Memorandum wurde nicht berücksichtigt. Anfang August 1945 wurden die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen.
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