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Die Glocke , 19.01.2004 :

"Zwangsweise eingesetzt" / Dunkles Kapitel treffend inszeniert

Sendenhorst (ulf). Erst ein Moment der Stille. Verarbeiten und sacken lassen. Und dann doch brausender Applaus. Applaus für die gelungene Umsetzung eines schwierigen Themas: die Aufarbeitung des Schicksals ehemaliger polnischer Zwangsarbeiter in Deutschland, speziell in Sendenhorst und Albersloh. Beeindruckt zeigten sich die rund 50 Zuschauer in der bis auf den letzten Platz gefüllten Tenne des Hauses Siekmann. Eine knappe Stunde lang hatte die Theatergruppe Förderverein Haus Siekmann unter der Regie von Jürgen Krass die ehemaligen Zwangsarbeiter zu Wort kommen lassen und Teile des Briefwechsels des Arbeitskreises "Zwangsarbeiter in Sendenhorst und Albersloh 1939 bis 1945" (die Glocke berichtete) szenisch umgesetzt. Die Klammer des Stückes bildete dabei die Frühstücksszene einer Familie. "Vater" Franz-Josef Reuscher war in der Tageszeitung ein Artikel über die Entschädigungsdiskussion in Deutschland aufgefallen, der zu einem angeregten Gespräch der Familie über das Thema führte. Dabei erläuterte Reuscher gemeinsam mit "Mutter" Linde Pauli der noch unbedarften Tochter (gespielt von Simone Eiling) das grundsätzliche Problem und vermittelte viel Hintergrundwissen über das Schicksal der oft noch jugendlichen und von ihren Familien gewaltsam getrennten Zwangsarbeiter. Unterbrochen wurde diese Szenerie immer wieder von Textauszügen aus den Briefen, die Ulrike Voges, Gudrun Kraus, Ulla Brinkschulte und Tobias Bäcker auf einer höheren Ebene, dem Boden der Tenne, vortrugen. Den Erinnerungen der Zeitzeugen folgte jeweils Meditationsmusik (Dr. Matthias Sauerland auf der Klarinette), die den Zuschauern eine bessere Verarbeitung der bewegenden Schilderungen ermöglichte. Die Vorstellung des Theaterkreises sorgte auch im Anschluss noch für angeregte Gespräche unter den Zuschauern. Die hatten dabei auch die Gelegenheit, sich mit den beiden zurzeit in Sendenhorst gastierenden ehemaligen Zwangsarbeitern Irmina Kroll und Michael Balanowski zu unterhalten und so hautnah über deren Schicksal zu erfahren. Fazit: Ein sehr gelungener Auftakt der Veranstaltungsreihe "Zwangsweise eingesetzt. Schicksale ehemaliger Zwangsarbeiter in Sendenhorst und Albersloh 1939 bis 1945", die noch bis zum 11. Februar in beiden Ortsteilen fortgesetzt wird.


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