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Neue Westfälische , 13.09.2006 :

Prediger muss 200 Arbeitsstunden leisten

Verfahren wegen Volksverhetzung eingestellt

Minden (jwl). Seine Kleidung wirkt modern. Helle Hose, braune Turnschuhe, gelb-orange-braun-kariertes Hemd, gelbe Jacke, kurze dunkle Haare, kurz geschorener Bart: Usama Sadik A., der um neun Uhr auf der Anklagebank des Mindener Schöffengerichts Platz nimmt, ist Prediger der islamischen Gemeinschaft Minden. Der Ägypter ist wegen Volksverhetzung angeklagt. Von den schweren Vorwürfen bleibt aber nach mehr als sechsstündiger Verhandlung nicht viel übrig.

Die Staatsanwaltschaft Bielefeld stützt sich auf zwei vom Bundeskriminalamt (BKA) beschlagnahmte Tonband- und Videoaufzeichnungen von Anfang Februar 2001. Darauf, so die BKA-Zusammenfassung, soll A. "zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgerufen" haben: Die "bloße Distanzierung von Götzendienern der Juden und Christen reicht nicht aus", heißt es in den Akten. Und dass Ungläubige getötet werden dürften, soll er gesagt haben. Ein anders Bild lieferten die Übersetzungen der Bänder durch zwei als Zeugen geladene BKA-Dolmetscher. Sie übertrugen teilweise anders, als dies in den Akten steht. Dort wird unter anderem der Begriff Dschihad mit dem Wort Krieg gleichgesetzt. Der Begriff kann auch Bemühung oder Anstrengung bedeuten, A. gebraucht ihn in seinen Reden mehrmals.

Der schwerste Vorwurf findet sich auf dem Video: A. sagt sinngemäß, dass Menschen, die nicht an Allah glauben, getötet werden können, es sei denn, sie gehören zu bestimmten, im Koran genannten Kategorien. Die umfassen etwa Personen, die Muslimen helfen oder Schutz gewähren. "Wenn man prinzipiell gegen das Umbringen ist, kann man nicht sagen, die (Menschen, Anmerkung die Redaktion) darf man töten und die nicht", stellte die Vorsitzende fest. Jemand wie A., der in verantwortlicher Position sei, solle seine Worte besser und eindeutiger wählen.

Weil letztlich auch nicht fest steht, ob die Bänder zweifelsfrei aus dem Februar 2001 stammen, wurde das Verfahren gegen A. wegen geringer Schuld und gegen Ableistung von 200 Arbeitsstunden eingestellt.


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