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Gütersloher Zeitung / Neue Westfälische , 12.09.2006 :

Vom Täter zum Opfer / Zu unserem Artikel "Neonazi beschwert sich" vom 1. September äußert sich diese Leserin

Armer Christian Menzer – die bösen Petzen von der Antifa haben seinen Nachbarn in Verl-Bornholte doch tatsächlich verraten, dass er für die Nazi-Aufmärsche in Gütersloh verantwortlich ist. Dabei will er doch nur ganz friedlich den "nationalen Sozialismus" ausrufen – was ist denn schon dabei? Schließlich leben wir in einem freien Land, und da darf ja wohl jeder dafür sein, Migranten, Behinderte, Homosexuelle, Nichtchristen und sonst wie "Andersartige" wegzusperren oder totzuschlagen.

Und wenn Deutschland nun mal mehr Raum braucht, muss ja wohl jeder verstehen, dass ein Weltkrieg eine Lösung sein kann. Das muss man ja wohl mal sagen dürfen. Da dürfen doch nicht irgendwelche antifaschistischen Chaoten plötzlich abends im friedlichen Bornholte beim armen Christian Menzer vor der Tür stehen und so laut brüllen, dass er ganz viel Angst kriegt. Schließlich möchte er viel lieber Angst und Schrecken verbreiten, statt sich eingenässt in seinem Bettchen zu verkriechen, weil es draußen blitzt und donnert.

Jetzt will er also unter dem Motto "Unser Dorf will keine Chaoten" aktiv werden. Weil er findet, dass wir viel mehr Leute wie Axel Reitz brauchen, seinen Ko-Anmelder und Hauptredner bei dem Nazi-Aufmarsch im März diesen Jahres. Der sagt ja auch so schöne Sachen wie: "Wir glauben auf dieser Erde allein an Adolf Hitler. Wir glauben, dass der Nationalsozialismus der allein selig machende Glaube ist für unser Volk. Wir glauben, dass es einen Herrgott im Himmel gibt, der uns geschaffen hat, wir glauben, dass es einen Herrgott im Himmel gibt, der uns führt, der uns führt, und der uns sichtbar lenkt. Und wir glauben, dass dieser Herrgott uns Adolf Hitler gesandt hat, damit Deutschland für alle Ewigkeit ein Fundament werdet. Heil Hitler." (ZDF-Sendung Frontal 21 am 8. Oktober 2002).

Aber wegen ähnlich schönen Sätzen – und unter anderem, weil er beim Diebstahl einer CD erwischt wurde – sitzt der arme Kumpel Axel nun für zwei Jahre und 9 Monate im Gefängnis.

Da muss Christian Menzer nun auf seinen Kumpel Bernd Stehmann zurückgreifen. Der ist ja auch viel erfahrener: Als Ziehsohn von Thomas Hainke – der war mal Söldner im Kosovo – schon in den 80ern Mitglied von Michael Kühnens mittlerweile verbotenen "Freien Deutschen Arbeiterpartei", Mitglied von "Blood & Honour" – auch verboten – Führungskader des „Widerstand West“ und eines regionalen Ku-Klux-Klan-Ablegers, Herausgeber der rechtsextremen Musikzeitschrift "Unsere Welt". Da stehen auch so schöne Sätze drin wie: "Wir unterstützen die NS-Bewegung mit unserer Musik. Wir wollen die Botschaft an so viele Leute wie möglich bringen und sie dadurch zu unserer Bewegung bringen." Und mit Kumpel Bernds tollen Kontakten zur "NSDAP/AO" (Auslands/bzw. Aufbauorganisation) wird man ja wohl für die Wiederzulassung der "NSDAP" sein dürfen!

Nein, nein, nein, was leben wir in einem schlimmen Land – da darf man nicht mal friedlich für den Nationalsozialismus sein, während schlimme Chaoten die beschauliche Dorfruhe stören dürfen, nur weil sie vielleicht ein behindertes Kind aufziehen, selbst behindert sind, eine/n MigrantIn lieben, jüdische Deutsche sind, homosexuell sind oder eben total merkwürdig. Das geht eben alles nicht, wenn man wie Christian Menzer den "nationalen Sozialismus" will. Das müssen die doch verstehen!

Da bleibt uns nur zu hoffen, dass die Bewohner und Bewohnerinnen von Verl-Bornholte sich für die richtige Seite entscheiden. Und sich die Gütersloher und Gütersloherinnen sich am 16. September beim Nazi-Aufmarsch richtig positionieren.

Ulrike Schüler
Sozialistische Kultur Arbeit
Gütersloh


lok-red.guetersloh@neue-westfaelische.de

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