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Bielefelder Tageblatt (MW) / Neue Westfälische , 11.09.2006 :

Für Verständigung eingesetzt / 60. Bundestreffen der Wansener Heimatgruppe / "Neuanfang ist möglich"

Von Marc Heckert

Bielefeld. "60 Jahre Vertreibung – 50 Jahre Patenschaft Bielefeld-Wansen": Unter diesem Motto kamen jetzt die Mitglieder der Heimatgruppe Wansen zu ihrem 60. Bundestreffen im "Fichtenhof" zusammen. Der zweigeteilte Titel spiegelte symbolisch Leid und Freude der Geschichte der Vertriebenen wieder – den Verlust ihrer Heimatstadt in Niederschlesien und den Aufbau eines neuen Zuhauses in Ostwestfalen.

Vor den rund 150 Anwesenden bedauerte der Vorsitzende der Heimatgruppe Manfred Endreß, dass die Vertriebenen im Nachkriegsdeutschland lange Zeit Verständnis und Solidarität entbehren mussten. "Wir Vertriebenen waren lästig, waren Störenfriede."

Dennoch haben sich Menschen dies- und jenseits der Oder-Neiße-Grenze mit Erfolg für Versöhnung und Verständigung eingesetzt. So verlas Endreß ein Grußwort des Bürgermeisters der heute Wiazow heißenden Stadt, Henryk Ozarowski: "Von den jetzigen Bewohnern der Stadt Wansen sowie vom Rat der Stadt und Gemeinde übersende ich Ihnen allen herzliche Grüße." Die guten Beziehungen der Wansener nach Wiazow bezeugte auch die Anwesenheit der Reiseleiterin Elziebta Zietek und ihrer Tochter Monika, die als Geigensolistin auftrat.

Bielefelds stellvertretender Bürgermeister Horst Grube dankte den Wansenern für ihre Verdienste um Bielefeld: "Sie haben eine gewiss wechselvolle Geschichte hinter sich, aber auch ein erfolgreiches Wirken." Die Wansener hätten Bielefeld mitgeprägt und "bewiesen, dass ein Neuanfang möglich ist". Zum Dank bekam Grube von Endreß ein im wahrsten Sinne des Wortes geprägtes Stück Bielefeld überreicht: Ein Zusatzschild für das Straßenschild der Wansener Straße in Heepen, auf dem der Hintergrund des Namens erläutert wird. Dazu gab es für das Stadtarchiv eine zweibändige Wansener Chronik.

Silberne Ehrennadeln erhielten der stellvertretende Vorsitzende der Delmenhorster Heimatgruppe Herbert Joraschky; Erich Hold, ebenfalls aus Delmenhorst; Christine Ettrich, unter anderem Polnisch-Dolmetscherin; Renate Mattner, zuständig für die Heimatkartei führt; Siegfried Kienitz, Bezirksvorsteher von Brackwede, wo sich die Wansener Heimatstube befindet; sowie die verdienten Mitglieder Manfred Stumpf und Ruth Schütze.

Goldene Ehrennadeln erhielten Manfred Endreß, die stellvertretende Vorsitzende Gabriele Stumpf, Schatzmeisterin Marlies Konetzke, Schriftführerin Cornelia Herrmann sowie Irma Schroth, die den Delmenhorster Stammtisch organisiert.

Aus musikalischer Sicht ging eine Ära zu Ende. Der Chor, jahrzehntelang fester Bestandteil des Gemeinschaftslebens und unterstützt von Sängerinnen des Bielefelder Jodokus-Chores, musste sich aus Altersgründen auflösen. "Die meisten Wansener sind inzwischen über 80, da fällt das Singen nicht mehr so leicht", bedauerte Cornelia Herrmann.

Ohne Gesang soll es jedoch auch künftig nicht gehen: Rita Höpfner, die den Chor 48 Jahre lang leitete, will weiterhin Klavier spielen, dazu werden die Liedtexte ans ganze Publikum ausgegeben. Und in Würdigung der Verdienste des Chores um die Treffen der Heimatgruppe gab es für jedes Chormitglied die silberne Ehrennadel und für die Leiterin eine aus Gold.


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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