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Bielefelder Tageblatt (SH) / Neue Westfälische , 09.09.2006 :

Bürgerinitiative will Paul-Gerhardt retten / Evangelische und jüdische Gläubige planen gemeinsam

Bielefeld (ass). Mitglieder der alten evangelischen Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde ober- und unterhalb der Detmolder Straße bereiten die Gründung einer gemeinnützigen "Bürgerinitiative zur Erhaltung der Paul-Gerhardt-Kirche" vor.

Zweck des Vereins soll es sein, die Betriebskosten für den Fortbestand des Gemeindezentrums zu sichern. Wie berichtet, planen die Führungsgremien der Neustädter Marienkirchengemeinde und die Superintendentur, das Paul-Gerhardt-Zentrum – Kirche und Gemeinderäume – an die jüdische Kultusgemeinde in Bielefeld zu verkaufen. Irith Michelsohn, Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde mit Synagoge an der Stapenhorststraße, hat in dieser Woche erneut öffentlich erklärt, sie rechne mit dem positiven Abschluss der Verkaufsverhandlungen bis Ende des Jahres.

Gegen den Verkauf und die Umwandlung ihrer Kirche wehren sich langjährige Gemeindemitglieder der Paul-Gerhardt-Kirche, die offiziell seit Mai 2005 zur Neustädter Marienkirchengemeinde gehört. Zwischen Pfarrer Alfred Menzel sowie einigen Presbytern der Neustädter Gemeinde einerseits und Angehörigen des alten Presbyteriums sowie Gemeindegliedern der früher selbständigen Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde haben sich wegen der Verkaufsabsichten heftige Auseinandersetzungen entwickelt.

Der Präses der Landeskirche stützt die Position der Neustädter Kirchengemeinde und der Superintendentur. Gleichzeitig haben sich in Bielefeld lebende Anhänger der traditionellen jüdischen Religion gegen den Kauf und die Umwidmung der Kirche in eine Synagoge erklärt. "Wir wollen weiterhin in Frieden und Eintracht mit der christlichen Bevölkerung leben", betonten Sprecher dieser Gruppe öffentlich (NW, 17. Februar).

In der Bürgerinitiative zum Erhalt der Paul-Gerhardt-Kirche, die in Kürze beim Amtsgericht angemeldet werden soll, will der frühere Kirchmeister der Gemeinde, Diplom-Kaufmann Hermann E. Geller, als Vorsitzender kandidieren. Stellvertreter soll der Vorsitzende Richter am Landgericht, Claus Grünhoff, Schriftführer die Pädagogin Dr. Gudrun Meya werden.

Die Initiatoren sind bemüht, Sprecher der traditionell-religiösen Juden, Daphne Wolff und Guennadi Mouller, mit in die Initiative zu bekommen.

Nach Angaben von Hermann E. Geller wird juristisch geprüft, ob vor weltlichen Gerichten eine Klage gegen Verkaufspläne der Kirche Aussicht auf Erfolg haben können. Kircheninterne Gerichte haben sich für das Problem als nicht zuständig erklärt. Geller zeigt sich empört, wie von maßgeblicher Seite der Neustädter Kirchengemeinde gegen Mitglieder von Paul-Gerhardt gearbeitet werde. "Es wird ganz übel gemobbt", meinte er.

Inzwischen ist die Stadt Bielefeld auf Bitten der Jüdischen Gemeinde tätig geworden. Baudezernent Gregor Moss hat beim Land Städtebauförderungsmittel angefragt. Die Jüdische Gemeinde wurde aufgefordert, detaillierte Kostenberechnungen zu erstellen.

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09./10.09.2006
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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