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Vlothoer Anzeiger , 08.09.2006 :

Ein Mann mit Rückgrat und Humor / Helmut Urbschat erhält Bundesverdienstkreuz / Erinnerung an Vlothoer Juden als Lebensaufgabe

Vlotho (va). "Käme ich aus Bremen wie Don Pedro, wäre alles ganz einfach. Ein Hanseat wie mein Namensvetter Helmut Schmidt nimmt keinen Orden an. Für ihn trägt der Dienst an der Gemeinschaft seinen Lohn in sich selbst", sagte Helmut Urbschat und schmunzelte.

Von Michaela Berbalk

"Ich hätte also abgelehnt, wir könnten an diesem schönen Spätsommertag etwas Nützliches oder auch Angenehmes tun. Ich zum Beispiel meine Morgenandacht im Simeonsstift halten."

Stattdessen war großer Bahnhof gestern im Sitzungssaal des Rathauses. Und Helmut Urbschat winkte nicht ab, als Landrätin Lieselore Curländer den 74-Jährigen mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande auszeichnete. Ergriffen lauschte der Sänger der Liedertafel Germania dem musikalischen Ständchen seiner Sangesfreunde und freute sich herzlich über die vielen Glückwünsche.

Lieselore Curländer würdigte die Lebensaufgabe des Studiendirektors a. D., der 1965 zu den Gründungsmitgliedern der "Mendel-Grundmann-Gesellschaft" gehörte und sich seitdem für das Nichtvergessen der Vlothoer Juden engagiert. Die Errichtung eines Mahnmals für die Opfer der Judenverfolgung und die Kontaktaufnahme mit Vlothoer Überlebenden des Holocaust gehen maßgeblich auf Helmut Urbschat zurück. Die Landrätin zitierte aus einem Brief des jüdischen Kaufmanns Stephen Loeb, der Helmut Urbschat wissen ließ, "dass die Welt Menschen wie Sie nötig hat". Urbschats Durchsetzungsvermögen, seine Besonnenheit und ausgleichende Art habe er auch bei seinem jahrelangen politischen Engagement eingebracht, so die Landrätin.

Von 1971 bis 1973 gehörte Helmut Urbschat als sachkundiger Bürger dem Ausschuss für politische Bildung dem Kulturausschuss des Rates an. 1975 wurde er für die SPD in den Rat gewählt, dem er bis 1994 angehörte. Von 1984 bis 1987 hatte er den Fraktionsvorsitz inne. Neben seiner Mitgliedschaft im Schul-, Personal- und Wahlausschuss vertrat er die Interessen der Stadt Vlotho im Volkshochschulzweckverband des Kreises Herford.

Bürgermeister Bernd Stute hatte beim ehemaligen Studiendirektor die Schulbank am WGV gedrückt und war sich sicher. "Heuss hätte Dir den Orden persönlich überbracht." Viele zögen sich mit den Jahren zurück, der 74-Jährige aber nicht. Zum Vorsitzenden der AWO "schauen die Menschen auf", sagte Stute. Auch in der Arbeitsgemeinschaft "60 plus" der SPD setzt sich der Vlothoer bis zur Kreisebene ein.

Präzision, Hartnäckigkeit und der Mut zur eigenen Meinung: Altbürgermeister Gerhard Wattenberg betonte, dass Urbschat sich der Achtung des gesamten Rates sicher sein konnte.

Manfred Kluge von der Mendel-Grundmann-Gesellschaft ließ die Anfänge der gemeinsamen Arbeit Revue passieren, für Pfarrer Winfried Reuter ist Helmut Urbschat ein "Mann mit Rückgrat und Humor". "Zusammen mit Manfred Finkbeiner hat er uns schon oft gute Witze erzählt."

Mit keiner langen Rede, vielmehr mit einigen kurzweiligen Gedanken bedankte sich der 74-Jährige. In seiner lockeren Art nahm er sich selbst ein wenig auf die Schippe, indem er von seinem eigenen Denkmal sprach, für das er jahrelang gestritten habe: "Und da steht es seit Jahr und Tag am Parkplatz In der Grund, außen Waschbeton, innen Edelstahl: Vlothos einziges öffentliches WC."


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