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Mindener Tageblatt , 07.09.2006 :

"Den Neonazis nicht die Straße überlassen" / Bündnis gegen Gewalt und rechtsradikale Propaganda ruft zur Teilnahme an Gegendemonstration und Kulturfest auf

Minden (mt). "Wir werden den Neonazis nicht das Rechte Weserufer überlassen." Dass diese Stadt bunt statt braun ist, will das Mindener Bündnis am 16. September unter Beweis stellen. Die Unterzeichner rufen alle Mindener zur Teilnahme an einer Gegendemonstration mit anschließendem internationalen Kulturfest auf.

Von Anja Peper

Wie mehrfach berichtet, hat die so genannte "Nationale Offensive Schaumburg" (NOS) für diesen Tag eine Demonstration in Dankersen angekündigt. Dass es sich bei dieser Gruppe eindeutig um Neonazis handelt, steht für Hans Langescheid (Friedenswoche / Mindener Bündnis) außer Frage: "Unter ihren Mitgliedern befinden sich rechtskräftig verurteilte Gewalttäter", so Langescheid. Die NOS versucht, sich als Teil einer sozialen Opposition hinzustellen (offizielles Motto laut NOS-Homepage: "Gegen Rentenklau und Sozialabbau"). Die Organisation störte zuletzt einen Vortrag des NPD-Aussteigers Jörg Fischer im Rahmenprogramm der Mindener Anne-Frank-Ausstellung mit eindeutig antisemitischen Aussagen. Die Gruppe stehe für "Antisemitismus, Ausländerhass, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit", fasst der Verein Friedenswoche zusammen. Und weiter: "Sie sind gewaltbereit gegen Andersdenkende und anders Aussehende."

Eine Neonazi-Demonstration in der Stadt - das ist für Minden etwas Neues. Entsprechend groß auch die Unsicherheit: Wie reagiert man am besten darauf in einer Stadt, die stolz auf ihre Jüdische Gemeinde ist? Augen zu, das Ganze ignorieren, um den Demonstranten bloß keine öffentliche Plattform zu bieten? Oder deutliche Signale setzen? - Die Stadt hat sich nach einigen Diskussionen für die zweite Möglichkeit entschieden: "Ein friedliches Gegensignal", will Bürgermeister Michael Buhre setzen, wobei die Betonung durchaus auch auf "friedlich" liegt. Denn Neonazis sind in Minden nicht erwünscht, aber auf gewaltbereite Antifa-Leute, also die militante linksextreme Szene, kann das Bündnis genauso verzichten. Die Organisatoren sind sich sicher: "Schlägereien oder sonstige Randale würde die Nationale Offensive als Erfolg werten." Also gilt die Devise: "Nicht provozieren lassen", so Roland Engels (DGB). Das werde möglicherweise nicht immer einfach sein, denn: "Die Schaumburger sind Meister in Sachen Provokation."

Die Demonstration der NOS soll gegen 13 Uhr am Mindener Bahnhof starten. Die Demonstranten kommen dann schon von einer Demo in Bielefeld. Jetzt steht auch die Route fest: Vom Bahnhof aus geht es über die Viktoriastraße Richtung Dankersen, über Feldstraße und Steinkreuzstraße und zurück über die Gneisenaustraße, Grille und Viktoriastraße. Sie werden also östlich des Bahnhofes unterwegs sein. Die Gegendemonstration startet vom Kleinen Domhof aus in Richtung des Schotterplatzes an der Ecke Kaiserstraße/Hafenstraße, wo das Kulturfest stattfinden soll - also westlich des Bahnhofes. Die Strategie der Polizei sieht so aus, dass sich die Marschwege beider Gruppen möglichst gar nicht überschneiden. Ob das in der Praxis so funktioniert, muss sich zeigen. Die von der Polizei markierte Grenze zwischen beiden Gruppen würde also auf der Viktoriastraße etwa in Höhe des Bahnhofes verlaufen.

Dass sich die "Nationale Offensive Schaumburg" ausgerechnet Dankersen für ihre Demonstration ausgesucht hat, hält Hans Langescheid übrigens nicht für einen Zufall: Mit Hilfe des Kommunalarchivs hat er zahlreiche Belege dafür gesammelt, dass die ehemalige Gaststätte Grille besonders zwischen 1930 und 1933 bevorzugter Versammlungsort der Mindener NSDAP war. Viele alte Zeitungsausschnitte belegen das. Das Umfeld der ehemaligen Kaserne sei durchaus eine "symbolträchtige Umgebung".

Unterschriftenliste liegt im Bürgerbüro aus

Bürgermeister Michael Buhre hofft, dass nicht nur viele Leute den Aufruf unterschreiben, sondern auch zum Kulturfest am 16. September kommen. Beim Handballspiel GWD gegen Kiel am 13. September soll in der Halbzeitpause noch einmal für die Aktionen auf dem rechten Weserufer geworben werden.



mt@mt-online.de

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