Lippische Landes-Zeitung ,
17.01.2004 :
Gar nicht so weit weg / Gedenktag für die NS-Opfer erinnert an die jüdische Schule in der Gartenstraße
Detmold (mah). So weit weg von hier ist das ja damals alles gar nicht passiert. Dies hat Schülerin Meike Formanski erkannt. Die 16-Jährige hat die Ausstellung "Die jüdische Schule in der Gartenstraße 6" mit vorbereitet. "Es ist schon interessant. Das ist ja ein normales Haus. Früher dachte ich, es war alles soweit weg", sagte die Schülerin gestern bei der Vorstellung des Programms rund um den nationalen Gedenktag für die Oper des Nationalsozialismus, der am Dienstag, 27. Januar, begangenen wird.
Meike ist eine von zwölf Schülerinnen und Schülern der Geschwister-Scholl-Gesamtschule, die gemeinsam mit Stadtarchivar Andreas Ruppert die acht Tafeln erarbeitet haben. Teilweise am Nachmittag haben sich die Jugendlichen ein Jahr lang mit dem Thema befasst. Sie haben mit Karla Raveh gesprochen - die dort zur Schule ging - , haben sich mit dem Alltag der Schüler beschäftigt und mit ihrem Ende. 23 Kinder aus Lippe und Umgebung sind unterrichtet worden. Von Dezember 1941 an sind sie wie auch alle Bewohner und Lehrer deportiert worden: nach Riga, Warschau oder Theresienstadt.
Alexander Krause hat aus Überzeugung mitgearbeitet. "Ich bin gegen Rassismus. Aber es wäre doch toll, wenn man diejenigen, die immer noch dem Nationalsozialismus hinterherrennen, überzeugen könnte." Mitschüler Andreas Rottmann will sich sachkundig machen: "Ich will mich informieren, ich muss doch wissen, was passiert ist, wenn ich gegen rechts bin." Mitschüler Marcel Berger bedaure, dass aus dem langen Gespräch mit Karla Raveh nur ein zehnminütiges Video angefertigt werden konnte.
Die Ausstellung wird am 27. Januar im Anschluss an die zentrale Veranstaltung in der Geschwister-Schule eröffnet. Von 18 Uhr an beteiligen sich Schüler aller Altersstufen an der Veranstaltung - mit Theaterszenen, Musik und Texten.
Bürgermeister Friedrich Brakemeier freut sich, dass es im achten Jahr hintereinander gelungen sei, den Gedenktag gemeinsam mit den Schulen zu gestalten. "Es ist beispielhaft und einzigartig, auf so breiter Grundlage daran zu arbeiten, dass das Gedenken an das Gräuel nicht erlischt." Neben der zentralen Feier gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm. In der "Filmwelt" ist am Sonntag, 25. Januar, um 11 Uhr der Film "Der Pianist" von Polanski zu sehen. Peter Schütze liest am Mittwoch, 4. Februar, von 19.30 Uhr an im Rathaus aus Fechenbachs Briefen aus der Schutzhaft, und das Landestheater gestaltet am Samstag, 7. Februar, im Grabbe-Haus unter dem Titel "Wo die schönen Trompeten blasen" einen Liederabend (Beginn: 20 Uhr). Am Montag, 26. Januar, findet um 19.30 Uhr in der Schule ein Konzert mit "Cantus Novum" statt. Am Freitag, 30. Januar, beginnt um 19.30 Uhr ein Zeitzeugenabend im Haus Münsterberg. Schließlich gehört Ausstellung "Lebensunwert - zerstörte Leben" im Staatsarchiv dazu, die am Freitag, 23. Januar, eröffnet wird.
Die LZ wird auf alle einzelnen Veranstaltungen ausführlich hinweisen.
17./18.01.2004
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