Lippe aktuell ,
16.07.2003 :
Familie Bozkurt - ein ganzes Dorf stimmt für ein Bleiberecht / Kirchenasyl bis zur Entscheidung
Extertal-Silixen (tak). Der Händedruck von Giyasettin Bozkurt ist fest, aber die Augen blicken traurig. Hidayet Cicek ist müde, Angst und Hoffnung rauben der Mutter von drei kleinen Kindern den Schlaf in der Nacht. Das Schicksal der Familie Bozkurt wird sich am kommenden Mittwoch um 10.30 Uhr entscheiden.
Familie Bozkurt lebt seit neun Jahren in Extertal. Giyasettin Bozkurt befindet sich seit Samstag im Gemeindehaus Silixen, im Schutz der Evangelischen Kirche. Im Kirchenasyl. Dadurch ist es der Familie ermöglicht, zusammen zu bleiben.
Der Beschluss, Giyasettin Bozkurt kirchliches Asyl zu gewährleisten, liegt seit dem 11. Juli vor. Einvernehmlich hat sich der Kirchenvorstand zu diesem Schritt entschieden. Informationen über das Unterfangen gingen an den Superintendenten Brandt in Bega, sowie an Gerrit Noltensmeier, Landessuperintendent der Evangelischen Kirche. "Wir werden Herrn Bozkurt bis zum 23. Juli Asyl in unseren Räumen geben", so Pastor Martin Schröder. "Entscheidet der Petitionsausschuss am Mittwoch allerdings, dass die Familie das Land verlassen muss, dann werden wir uns nicht dagegen stellen", so der Kirchenmann. Das Spießrutenlaufen begann für Giyasettin Bozkurt, seiner FrauHidayet Cicek und seinen drei kleinen Kindern Anfang Mai (Lippe aktuell berichtete). Per Beschluss des Bundesamtes für Asylangelegenheiten sollte die fünfköpfige Familiein der Nacht zum 5. Mai in ihre Heimat abgeschoben werden. Die Familie tauchte unter. Eine für sie fremde Familie nahm das Ehepaar mit seinen drei Kindern auf. Fehlende Passersatzpapiere und laufende Asylanträge in der Vergangenheit zögerten die Abschiebung über neun Jahre hinaus. Am vergangenen Donnerstag entschied der Kreis, dass Hidayet Cicek bis zum 23. Juli in Silixen geduldet wird. Ehemann Giyasettin Bozkurt steht seit Mai auf der Fahndungsliste. Er wird gesucht, weil er sich der Abschiebung entzogen hat. Ursprünglich sollte der Vater zusammen mit seinen drei kleinen Kindern alleine in doe alte Heimat abgeschoben werden, ohne Hidayet Cicek.
Pastor Martin Schröder hat nun im Namen der Kirche die Verantwortung für Giyasettin Bozkurt übernommen. Versorgt wird der Familienvater von seiner Frau, die täglich für ihn kocht und für saubere Wäsche sorgt. Im Gemeindehaus wohnt er im kleinen Gästezimmer. Das Mobiliar besteht aus einem Bett und einem Tisch mit Stuhl.
Josie Fiedler, Martin Schröder, Claudia Stock, Manfred Stoller und Elisabeth Lindau bilden den Kern des Unterstützerkreises, der sich für das Bleiberecht der Familie Bozkurt einsetzt. Zusammen werden sie am Tag der Entscheidung vor der Tür im Kreishaus warten, hinter der der Petitionsausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen tagt.
Giyasettin Bozkurt hofft auf ein gutes Ende und eine menschliche Entscheidung. "Das Schicksal der Familie liegt uns sehr am Herzen", sagt Josie Fiedler aus dem Unterstützungskreis. "Wenn es ein Beispiel der Integration gibt, so ist das diese Familie." Selbst der Arbeitgeber von Giyasettin Bozkurt zieht mit der Familie an einem Strang. Er hat dem Familievater für die Zeit des Untertauchens unbezahlten Urlaub gegeben. Problematisch gestaltet sich mittlerweile die finanzielle Situation der Familie. Da Giyasettin Bozkurt zur Zeit nicht arbeiten darf, verfügt die Familie seit Mai über kein festes Einkommen. Alle Reserven sind aufgebraucht. Daher bittet die Kirche im Namen des Unterstützerkreises um Spenden für Familie Bozkurt. "Hiermit sollen zumindest die aufgelaufenen Rechnungen bezahlt werden können", so Schröder. Spenden können auf dem Konto der Kirchengemeinde Silixen (Konto-Nr. 2016657 bei der Sparkasse Lemgo, BLZ 480 501 10) eingezahlt werden.
Das Heimatdorf Korakotscha der Familie befindet sich in der Ost-Türkei. In Kurdistan, dort wo vor zwei Wochen das Erdbeben tobte. Das Haus ist nur noch eine Ruine.
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