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Bielefelder Tageblatt (SB) / Neue Westfälische , 22.08.2006 :

Überwachungszentrale unter dem Dach / Wie Bahn und Bundespolizei für Sicherheit im Bielefelder Hauptbahnhof sorgen

Von Arno Ley

Bielefeld. Als die Deutsche Bahn AG ihre neue Sicherheitszentrale im Hauptbahnhof in Betrieb nahm, ließ sie stolz die moderne Überwachungstechnik öffentlich vorführen. Beunruhigt durch die Attentatsversuche auf zwei Nahverkehrszüge hat das Unternehmen seine 3-S-Zentrale im Dachgeschoss inzwischen zu einem "sicherheitsempfindlichen Bereich" erklärt.

Mehr "Sicherheit, Sauberkeit und Service", dreimal S, versprach die Deutschen Bahn vor fünf Jahren auch für die Region Ostwestfalen-Lippe. Mit der Erneuerung der Bahnhofe wurde in den meisten Fällen auch Überwachungstechnik installiert. 84 Kamera-Positionen waren geplant. 34 Notrufsäulen sollten in einer ersten Ausbauphase installiert werden. Aktuelle Zahlen werden gegenwärtig nicht genannt. "Gut 50 Prozent unserer derzeit 77 Stationen in der Region sind inzwischen fernüberwacht", bestätigte gestern Udo Kampschulte, Pressesprecher des bundeseigenen Aktiengesellschaft.

Alle Bilder laufen in der 3-S-Zentrale im Dachgeschoss des Bielefelder Hauptbahnhofes zusammen. Mitarbeiter der Deutschen Bahn können von dort auch entlegene Haltepunkte in der Region anschauen. Was ursprünglich vor allem für den Kundenservice vor Ort gedacht war – die Bahnauskunft per Knopfdruck – und als Schutz vor Vandalismus an den Stationen, hat durch die terroristische Bedrohung noch an Bedeutung gewonnen. Im Bielefelder Hauptbahnhof hängen gegenwärtig die Fahndungsplakate mit Fotos der Zug-Attentäter, die vom Video-Überwachungssystem bei der Vorbereitung ihrer Anschläge aufgenommen worden sind.

Zur 3-S-Zentrale gehören auch die Menschen in blauen Uniformen, die sich mit der Aufschrift auf ihren roten Baretts in Zügen, auf Bahnsteigen und in Bahnhöfen als Mitarbeiter des Verkehrsunternehmens zu erkennen geben. Sie haben aber nur eingeschränkte Befugnisse im Einsatz gegen Straftäter. Das ist ein Arbeitsbereich der Bundespolizei. Die verzichtet seit Sommer vergangenen Jahres auf ihre alte Bezeichnung Bundesgrenzschutz (BGS).

"Unsere Aufgaben waren eigentlich immer vielfältiger als der alte Begriff zu erkennen gab", sagt Christian Wloka, Leiter der Inspektion Bielefeld. 1992 wurde die früher eigenständige Bahnpolizei in den BGS integriert.

Die Bielefelder Dienststelle mit deutlich mehr als 100 Mitarbeitern ist Einsatzzentrale nicht nur für das Schienennetz und die Haltepunkte im Regierungsbezirk, sondern auch für den Flughafen Paderborn-Lippstadt. "Dort ist die Arbeit noch richtige Grenzkontroll-Tätigkeit", sagt Wloka.

Nach dem Zerfall der DDR und durch das Schengener Abkommen zwischen den europäischen Staaten hat sich die Arbeit an den Außengrenzen verringert. Fast gleichzeitig und eigentlich sogar erschwert durch den weitgehenden Verzicht auf Kontrollen bei der Einreise zu Lande wuchsen die Aufgaben im Kampf gegen den Terrorismus – zunächst an den Flughäfen, jetzt zusätzlich im Schienenverkehr.

Neben der Führungsgruppe, die im Leinenmeisterhaus gegenüber dem Hauptbahnhof untergebracht ist, unterhält die Bundespolizei in der Region drei "Einsatzabschnitte", wie die klassische Polizeiwache im Amtsdeutsch genannt wird. Eine befindet sich im Mindener, eine im Paderborner Bahnhof. Die dritte, vor einigen Monaten frisch renoviert, ist nur wenige Meter entfernt von der 3-S-Zentrale im Bielefelder Hauptbahnhof untergebracht. Hier gibt es nicht nur ein "Gewahrsam", einen Raum für Inhaftierte, und die Möglichkeit für die "erkennungsdienstliche Behandlung" von Straftätern. Dort können ihre Personaldaten einschließlich Foto und Fingerabdrücken aufgenommen werden. In der Einsatzzentrale sind auch die Bilder von den Videokameras der Deutschen Bahn aus der 3-S-Zentrale zu empfangen. "Das ermöglicht uns zu reagieren, ohne dass wir eigens zur Hilfe gerufen werden müssen", sagt Carsten Freitag, Leiter einer der fünf Dienstgruppen der Bundespolizei-Inspektion Bielefeld.

Wloka betont die gute Zusammenarbeit mit den Polizeidienststellen des Landes in der Region.

Das Einsatzgebiet der Bundespolizei endet eigentlich auf dem Bahnhofsvorplatz. Doch es gelte der Grundsatz: "Wer zuerst da ist, übernimmt die Aufgabe." Der Taschendieb beispielsweise werde also auch über die Zuständigkeitsgrenzen hinaus verfolgt. Der Ermittlungsdienst, ebenfalls im Leinenmeisterhaus untergebracht, der jährlich rund 3.500 Straftaten zu bearbeiten hat, kann auf eine Aufklärungsquote von 70 Prozent verweisen.

Taschendiebstahl ist eines der klassischen Delikte im Aufgabenbereich der Bundespolizei. In den Zügen reisen eigens geschulte Spezialisten in Zivil mit. In Uniform sind die Bundespolizisten vor allem durch den Bundesadler als Ärmelabzeichen zu unterscheiden. Landespolizisten tragen dort das jeweilige Landeswappen.

Für größere Einsatze, beispielsweise zur Begleitung von Fußballfans, bekommt die Bielefelder Inspektion Unterstützung von der so genannten Verbandskomponente aus St. Augustin oder Bad Bergzabern. Neben moderner Technik kann die Bundespolizei aber beispielsweise auch Sprengstoffspürhunde und Spezialisten für die Entschärfung von Sprengkörpern in der Region in den Einsatz schicken.


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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